Der Flüchtlingsrat Brandenburg und Pro Asyl haben in dieser Woche einen bundesweiten Überblick über die Regelungen der Residenzpflicht in den Bundesländern vorgelegt. Darin stellen die beiden Organisationen einen seit etwa zwei Jahren andauernden Trend zur Liberalisierung fest. Gleichzeitig gibt es allerdings zahlreiche kleinliche und widersprüchliche Ausnahmeregelungen.
Asylsuchende sind nach dem Asylverfahrensgesetz räumlich auf den Bereich der Ausländerbehörde beschränkt, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Wird das Asylbegehren abgelehnt und die Betroffenen halten sich weiter geduldet in Deutschland auf, gelten diese räumlichen Beschränkungen zunächst fort. Die Bundesländer haben nun zum Teil Regelungen geschaffen, die den Betroffenen das »erlaubnisfreie Verlassen« ihres jeweiligen Kreises oder ihrer Stadt ermöglicht. In Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen können sich Flüchtlinge innerhalb der größeren Verwaltungseinheiten der Regierungs- bzw. Direktionsbezirke, nicht aber im gesamten Bundesland, bewegen. Alle anderen Bundesländer gewährten den Aufenthalt dagegen auf ihrem kompletten Gebiet. Berlin und Brandenburg haben daneben eine länderübergreifende Regelung, die das Pendeln zwischen beiden Bundesländern gestattet. Ähnliche Regelungen sind zwischen Bremen und Niedersachsen sowie Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in Planung, mittlerweile besteht für solche Vereinbarungen eine gesetzliche Grundlage im Asylverfahrensgesetz. Ansonsten bleibt das Verlassen des Bundeslandes weiterhin abhängig von einer Erlaubnis. Trotz eines Urteils des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg, nach dem es keine Rechtsgrundlage für Gebühren für »Verlassenserlaubnisse« gibt, wird in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen in bestimmten Fallkonstellationen weiterhin eine Summe von bis zu zehn Euro verlangt.
Mit den Regelungen zur Erweiterung des Bereichs, in dem ein Asylsuchender sich erlaubnisfrei bewegen darf, sind allerdings eine ganze Reihe von Ausnahmen in Kraft getreten. Bei Verdacht auf »extremistische« Bestrebungen, dem Verdacht auf Straftaten oder der eigenmächtigen Verlegung des Wohnsitzes – auch hier reicht häufig der Verdacht – wird Asylsuchenden wie Geduldeten die Erlaubnis zum Verlassen des ihnen zugewiesenen Bereiches verweigert. Für Geduldete sehen die Erlasse noch weitere Einschränkungen vor, wenn ein konkreter Abschiebetermin geplant ist. Doch mit Abstand am häufigsten dürfte ein vermeintlicher »Verstoß gegen Mitwirkungspflichten« zum Ausschluß führen. Darunter verstehen die Ausländerbehörden die Weigerung der Betroffenen, angeblich zumutbare Anstrengungen zur Beschaffung von »Heimreisedokumenten« zu unternehmen oder auf andere Weise an ihrer Abschiebung mitzuwirken. Mit diesen Ausschlußgründen, so Flüchtlingsrat und Pro Asyl im Fazit ihrer Studie, »wird der Radius der Bewegungsfreiheit nunmehr vom Verhalten des Einzelnen abhängig gemacht« und die »Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf ein bestimmtes Gebiet systematisch als Druck- und Sanktionsmittel eingesetzt«.
Von den »Lockerungen« bei der Residenzpflicht sind zudem Asylsuchende ganz ausgenommen, die sich in einer der insgesamt 21 Erstaufnahmestellen für Asylbewerber in Deutschland befinden. Vorgesehen ist dort ein Aufenthalt von sechs Wochen bis zu drei Monaten. Hier gelten die bundesgesetzlichen Regelungen, der Aufenthalt ist auf den jeweiligen Landkreis beziehungsweise die Stadt der Erstaufnahmeeinrichtung beschränkt. Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl, hält daher fest: »Es führt kein Weg vorbei an der Einsicht, daß die Zeit vorüber ist, an der Residenzpflicht herumzubasteln. Es ist höchste Zeit, sie abzuschaffen.«