Friedrich kündigte an, Deutschland werde in Zukunft verstärkt gegen sogenannte Armutseinwanderer aus Osteuropa vorgehen und sie »ohne großes Federlesen wieder rausschmeißen«.
Seit Wochen beschwört der Minister, es kämen immer mehr Zuwanderer vor allem aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland, um hier Sozialhilfe zu kassieren. Auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion mußte er aber vorigen Monat zugeben, über keinerlei Zahlenmaterial zu verfügen, das seine Warnungen stützen könnte. Erst am Freitag betonte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström: »Wir haben noch keinerlei Zahlen oder Beispiele dazu erhalten, die aber notwendig wären, um zu zeigen, was genau das Problem ist«. Daraufhin verschärfte Friedrich den Ton: Wenn Malmström Beweise wolle, solle sie »doch gerne mal in die Großstädte in Deutschland fahren, da kann sie sich das anschauen«.
Friedrich verweist auf eine Mitteilung der EU-Kommission, daß Unionsbürger, die in betrügerischer Absicht einreisten, ausgewiesen werden dürften. Das beträfe etwa Migranten, die in Deutschland schwarz arbeiten wollen, was allerdings bisher noch nicht einmal Friedrich als Problem beschrieben hat. Erwerbslose EU-Bürger generell von der Zuwanderung abzuhalten, ist von EU-Recht jedenfalls nicht gedeckt, was Friedrich mit seinen kernigen Ankündigungen zu kaschieren sucht, die »nationalen Spielräume« auszuschöpfen, um angebliche Betrüger auszuweisen und mit Einreisesperren zu belegen.
Der Linksfraktion warf Friedrich deswegen vor, er ventiliere heiße Luft und schüre Vorurteile, um am rechten Rand nach Stimmen zu fischen. Kritik übte auch der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (SPD): »Mit Ausweisung und mit markigen Sprüchen à la Friedrich werden wir das Problem nicht los«, sagte er dem Radiosender WDR 5. Link fordert mehr Geld von Bund, Ländern und der EU, um Bildung und Sozialleistungen für Einwanderer aus EU-Ländern zu gewährleisten.
Geeinigt haben sich die Innenminister auf ein gemeinsames Asylsystem, das das Prinzip der Abschottung nach außen zementiert. Bis auf bescheidene Fortschritte, etwa der Verkürzung des Arbeitsverbots von zwölf auf neun Monate und einem verbesserten Schutz minderjähriger Flüchtlinge, stellt das neue System eine Einigung auf dem untersten Niveau dar. So erlaubt die »Aufnahmerichtlinie« umfangreiche Möglichkeiten der Inhaftierung von Flüchtlingen, etwa zur Identitätsfeststellung, zur Sicherstellung des Asylverfahrens und zur Abschiebung. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte die Pläne im Vorfeld als ein »Programm zur lückenlosen Inhaftierung von Asylsuchenden« kritisiert.
Ebenfalls der Abschottung dient ein Beschluß, der die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten erlaubt. Wenn ein Land seine Außengrenze nicht ausreichend vor Flüchtlingen »schützt«, kann es künftig innerhalb der EU praktisch abgeriegelt werden, um die Flüchtlinge vor einer Weiterreise in andere EU-Staaten abzuhalten.
Besorgt zeigen sich die Innenminister über radikale Islamisten, die aus der EU nach Syrien reisen, um sich dort den Rebellen anzuschließen. »Wir müssen eine gute operative Zusammenarbeit der Geheimdienste haben«, so Friedrich am Freitag. Die Kämpfer werden aufgrund ihrer militärischen Schulung in »Terrorcamps« und ihrer ideologischen Radikalisierung bei ihrer Rückkehr als Sicherheitsrisiko gesehen. Nach Angaben der Bundesregierung sind bislang mehr als fünfzig Islamisten aus Deutschland nach Syrien gefahren, aus der ganzen EU sollen es mehrere Hundert sein. Rekrutiert würden sie vornehmlich von der Al-Qaida-nahen islamistischen Miliz Jabhat Al-Nusrah. Um solche Ausreisen zu unterbinden, rufen die EU-Staaten wieder verstärkt nach der Übermittlung von Fluggastdaten an die Sicherheitsbehörden. Geprüft wird auch die Möglichkeit, Reisepässe einzuziehen und Ausreiseverbote EU-weit auszuschreiben.