In einer am Mittwoch veröffentlichten Meinungsumfrage der Agentur Forsa kam die Antieuropartei Alternative für Deutschland (AfD) erstmals auf vier Prozent. Bei Allensbach verharrte die AfD weiterhin bei den ihr bislang konstant vorhergesagten drei Prozent der Wählerstimmen. Parteichef Bernd Lucke sieht daher eine Verschwörung der Forschungsinstitute, die den Spielraum der statistischen Analyse nutzten, »um uns kleinzurechnen«. Ihm lägen eindeutige Hinweise von Mitarbeitern dieser Einrichtungen vor, wonach seine Partei »deutlich über fünf Prozent« bekäme, so Lucke am Mittwoch gegenüber dem Handelsblatt.
Nachdem Vermummte während einer Kundgebung am 24. August in Bremen versucht hatten, Lucke von der Bühne zu schubsen, setzt die AfD verstärkt auf das Thema innere Sicherheit. Es sei »an der Zeit, die Geduld mit linksextremen Gruppierungen aufzugeben und offensiver mit kriminellen Strukturen umzugehen«, so Lucke. In der Öffentlichkeit präsentiert sich die Partei vor allem selbst als Opfer. »In zwei Bezirken, in Friedrichshain-Kreuzberg und Pankow, in Berlin ist für die AfD praktisch kein Wahlkampf mehr möglich«, lautet ein Eintrag auf dem Internetblog »Gewalt gegen die AfD«. »AfD-Politiker werden von Linken geschlagen und verjagt, wenn sie Plakate hängen wollen.« Die anonymen Blog-Autoren listen nicht nur heruntergerissene Plakate auf, sondern nennen die Namen von derzeit 18 AfD-kritischen Journalisten und Politikern, deren Aussagen »geeignet sein könnten, die Gewalt gegen die Alternative für Deutschland zu begünstigen«. Dort tauchen auch die Namen etwa der Grünen-Bundestagsabgeordneten Monika Lazar, von FDP-Generalsekretär Patrick Döring, Handelsblatt-Redakteur Dietmar Neuerer und des Rechtsextremismusforschers Alexander Häusler auf. Eine offizielle Stellungnahme der AfD zu diesem aufgrund der Detailkenntnis wohl aus ihrer Mitte zu verantwortenden Journalistenpranger ist bislang nicht bekannt.
Dünnhäutig reagieren Vertreter der sich als »Partei der Mitte« verstehenden AfD insbesondere, wenn ihr Rechtsextremismus oder Rechtspopulismus unterstellt wird. So wurden die Grüne Jugend und die Jungen Piraten wegen eines gemeinsamen Flugblattes abgemahnt, in dem es heißt: »Die AfD ist rechts, weil sie gegen Ausländer/innen hetzt« und: »Die AfD versucht, Stimmen am rechten Rand einzufangen, ohne dabei rassistisch zu wirken.« Dabei handele es sich um eine »bösartige Unterstellung«, meint die Anwaltskanzlei der AfD, Muster und Muster, die eine Frist bis zum 6. September gesetzt hat, um das Flugblatt aus dem Verkehr zu ziehen. Der Streitwert beträgt 20000 Euro. Die Jugendverbände erklärten, die Unterlassungserklärung nicht unterzeichnen zu wollen, da sie ihre Thesen belegen könnten.
Inzwischen beklagen selbst einige AfD-Funktionäre eine rechte Unterwanderung ihrer Partei. »Es läßt sich leider nicht leugnen, daß sich in mehreren Ländern systematisch rechte Gruppen formieren, die auf Inhalte und Image unserer Partei Einfluß nehmen wollen«, erklärte der Hamburger AfD-Sprecher Jörn Kruse gegenüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel (2.9.). Im Verhältnis zu den 16000 AfD-Mitgliedern sei die Zahl rechter Agitatoren zwar klein, doch diese seien »gut vernetzt und sehr aktiv«. Insbesondere ehemalige Mitglieder der rassistisch-antimuslimischen Splitterpartei »Die Freiheit« zieht es demnach in die AfD. Nach Angaben von »Freiheit«-Parteichef René Stadtkewitz sind bereits 350 Mitglieder zur AfD gewechselt, wo sie in mehreren Landesvorständen präsent sind und auf Landeslisten kandidieren. Der baden-württembergische Landesverband der AfD hat mittlerweile beschlossen, keine ehemaligen »Freiheit«-Mitglieder mehr aufzunehmen. AfD-Chef Lucke lehnt einen solchen Aufnahmestopp allerdings ab. »Wir werden nicht von rechts unterwandert«, gibt sich der Wirtschaftswissenschaftler weiterhin überzeugt.