„Wir haben heute aus prinzipieller Sicht, aber gerade auch angesichts der konkreten Sachlage, gegen den Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY gestimmt. Wir teilen die Einschätzung aus der Friedensbewegung, von Friedensaktivisten und Friedensforschern, dass „kein plausibler Grund erkennbar (ist), den zwischen Syrien und den Vereinten Nationen bzw. der OPCW ausgehandelten Abzug des gesamten syrischen Chemiewaffenarsenals und dessen Vernichtung mit einer militärischen Komponente von Seiten der Bundesrepublik Deutschland zu begleiten.“ (Stellungnahme Bundesausschuss Friedensratschlag 08.04.2013). Unsere Antwort muss zivil bleiben. Wir möchten, dass der zivile Beitrag Deutschlands zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ausgeweitet wird. Deutschland darf in Zukunft nicht weiter Chemikalien oder Anlagen, die zur Herstellung von Chemiewaffen dienen, in Länder exportieren, die die Chemiewaffenkonvention nicht ratifiziert haben.
Wir haben gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt, weil wir überzeugt sind, dass unsere Antwort eben nicht militärisch sein darf. Auslandseinsätze der Bundeswehr lösen kein einziges Problem. Im Gegenteil schaffen sie ständig neue Probleme. Deutschland ist an der Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien beteiligt, ohne dass sie an einem Auslandseinsatz teilnehmen muss: Die sichergestellten Chemiewaffen werden u.a. nach Munster in Niedersachsen gebracht, wo sie vernichtet werden. Deutschland erbringt damit einen maßgeblichen Beitrag zur Vernichtung der Chemiewaffen. Das ist konkrete Abrüstungspolitik.
Wir haben heute gegen den Einsatz gestimmt, weil sich zudem eine ganze Reihe von neuen Risiken, die mit dem Einsatz eines deutschen Kriegsschiffs verbunden sind, ergeben. Gerade auch vor dem Hintergrund der Beendigung der militärischen NATO-Russland-Kooperation, einer neuen Eskalation der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei mit False-Flag-Operations und der möglichen Vorbereitung eines Angriffskriegs gegen Syrien, ist äußerste Vorsicht geboten. Auf Nachfragen konnte die Bundesregierung keine schlüssige Erklärung liefern, warum das Mandat nicht nur das Mittelmeer, sondern auch den Nordatlantik und dessen angrenzende Seegebiete umfasst. Unklar ist weiterhin wie viele Kriegsschiffe insgesamt überhaupt eingesetzt werden sollen. Auch was die Aufgaben angeht, ist das Mandat einfach unklar.
Diese Situation gebietet es, der Bundesregierung nicht eine unwidersprochene carte blanche für ihren Militäreinsatz zu erteilen. Die Anfrage für die Entsendung des deutschen Kriegsschiffs kommt direkt von den USA. Die Frage, ob neben einer symbolischen Funktion, hier eine deutsche Entlastung der Kriegsmarine der USA für andere Aufgaben, nach dem Vorbild der Abstellung deutscher Wachmannschaften zur Bewachung von US-Kasernen im Vorfeld des Irak-Krieges übernommen werden soll, bleibt ungeklärt. Sie stellt sich allerdings aktuell verschärft, da ein weiteres US-amerikanisches Kriegsschiff ins Schwarze Meer entsandt wurde und die Bundeswehr hier somit Entlastungsfunktion für die US-Streitkräfte im Mittelmeer übernimmt. Die 12 Millionen Euro für diesen neuen Militäreinsatz wären für die Aufstockung des Etats des World Food Programmes für die syrischen Flüchtlinge besser aufgehoben. So stimmten wir auch deshalb gegen den Einsatz, weil er neben einer symbolischen Funktion dazu beiträgt, Kriegsschiffe für eine Eskalationspolitik der USA gegen Russland freizusetzen.
Wir sagen aber nicht zuletzt auch heute Nein zum Einsatz deutscher Kriegsschiffe im Mittelmeer, weil es der Kontext einer verstärkt militarisierten deutschen Außenpolitik ist, der eine Ablehnung des Einsatzes nahelegt. Seit der Münchener Sicherheitskonferenz und den Erklärungen von Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen, mehr deutsche Weltgeltung mit einer Ausweitung deutscher Auslandseinsätze erreichen zu wollen, wird im Bundestag nahezu in jeder Sitzungswoche über einen neuen Auslandseinsatz abgestimmt. Wie die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen wir Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. Deutschland sollte sich nicht militärisch engagieren, sondern zivil.“
Berlin, den 9. April 2014
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