Das Bundesministerium des Innern will die Möglichkeiten, Flüchtlinge einzusperren und unerwünschte Ausländer abzuschieben oder auszuweisen, massiv ausweiten. So sieht es ein Referentenentwurf »zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung« vor.
Es soll eine eigene Rechtsgrundlage für die Inhaftierung Asylsuchender geschaffen werden, die nach der Dublin-Verordnung in einen anderen EU-Staat zurück abgeschoben werden sollen. Derzeit wird ihre Inhaftierung mit den sonst geltenden Regelungen für Abschiebungshaft begründet. Voraussetzung für die Abschiebungshaft in Dublin-Fällen soll zukünftig eine »erhebliche Fluchtgefahr« sein. Sie soll dann festgestellt werden, wenn Asylsuchende Grenz- und Polizeikontrollen vermieden, ihre Fluchtroute verschleiert oder ihre Paßpapiere vernichtet haben. All das entspricht dem Verhalten von Menschen auf der Flucht. Die Linke warnte deshalb vor einer »flächendeckenden Inhaftierung Asylsuchender«.
Daneben soll auch die normale Abschiebungshaft verschärft werden. Bereits seit 2007 ist es den Ausländerbehörden möglich, Ausreisepflichtige in Gewahrsam zu nehmen und erst im nachhinein einem Richter vorzuführen. Diese Taktik überraschender Abschiebungsaktionen soll ausgedehnt werden. Auch die zweiwöchige »Sicherungshaft« soll schneller verhängt werden können. Eine konkrete Fluchtgefahr müßte nach dem Entwurf nicht mehr nachgewiesen werden, wenn die Abschiebung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist möglich ist.
Vollkommen neu geordnet wird das Ausweisungsrecht. Nach der Gesetzesbegründung soll damit gewährleistet werden, daß das »öffentliche Interesse an einer Ausweisung« und das »private Bleibeinteresse« besser gegeneinander abgewogen werden können. Tatsächlich aber wird das »Ausweisungsinteresse« im Entwurf immer höher bewertet als das »Bleibeinteresse«. Zudem sind deutliche Verschärfungen vorgesehen. Schon Verurteilungen ohne Bewährung sollen zu einer Ausweisung führen – bislang war erst Haft- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren »zwingender« Grund für eine Ausweisung. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, die Verurteilung zeige, »daß der Ausländer nicht willens ist, konform mit dem geltenden Gesetz in Deutschland zu leben und somit seinen Status als Gast in der Bundesrepublik mißbraucht hat«. Für diese rassistische Denke spielt es keine Rolle, ob der »Gast« in Deutschland geboren ist und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.
Das Überwachungsregime infolge einer (noch nicht vollstreckten) Ausweisung, das bislang nur für mutmaßliche ausländische Terroristen und ihre Unterstützer galt, soll auf verurteilte Straftäter ausgedehnt werden: Neben der wöchentlichen Meldung bei der zuständigen Polizeidienststelle können Aufenthaltsbeschränkungen und weitere Maßnahmen bis hin zu Kontaktverboten angeordnet werden. Damit soll verhindert werden, daß die Betroffenen weiterhin extremistisch oder kriminell tätig sein können.
Wer einmal ausgewiesen ist, gegen den wird ein Aufenthalts- und Einreiseverbot verhängt. Diese Einreiseverbote sollen außerdem auf alle ausgedehnt werden, die im Asylverfahren als »offensichtlich unbegründet« abgelehnt wurden, derzeit vor allem Asylsuchende aus Serbien und anderen exjugoslawischen Staaten. Damit dürfen sie auch in keinen anderen EU-Staat reisen. Wer einer Ausreisepflicht nicht gleich nachkommt, wird ebenfalls mit Aufenthalts- und Einreiseverbot belegt.
Das trifft auf die meisten Geduldeten zu. Ihnen kann in der Folge auch keine Aufenthaltserlaubnis im Rahmen einer Bleiberechtsregelung erteilt werden. Eine solche Regelung für langjährig Geduldete ist im Gesetzentwurf zwar ebenfalls vorgesehen, doch wird sie wirkungslos verpuffen. Für ein wirklich großzügiges Bleiberecht werden die Aktivisten der Bleiberechtsbewegung weiter kämpfen müssen.