Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom vergangenen Herbst im Fall Ramelow ist die Beobachtung der Abgeordneten zwar eingestellt worden. Die Sachakte wird nicht weitergeführt – aber geschlossen wird sie keineswegs: Die darin gesammelten Informationen werden weiterhin durch den Geheimdienst genutzt. Das gilt auch für die verfassungswidrig gewonnen Erkenntnisse über Abgeordnete. Damit wird das Urteil der Verfassungsrichter praktisch ignoriert.
Erstmals eingestanden wird jetzt von der Bundesregierung, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz auch 19 Linken-Abgeordnete in Landtagen sowie vier Europaparlamentarier beobachtet hatte.
Etliche Fragen bleiben offen: Etwa, inwiefern in der Sachakte auch Informationen enthalten sind, die von den Landesämtern für Verfassungsschutz unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gewonnen wurden, und in welchem Umfang von der Regierung als „beiläufig“ bezeichnete Angaben über weitere Abgeordnete und Mitarbeiter der Bundestagsfraktion darin enthalten sind.
Bestätigt wird zudem, dass Abgeordnete, die sogenannten extremistischen Zusammenschlüssen der Partei angehören, auch in Zukunft ins Visier der Schnüffler geraten können.
So bleibt es nicht nur rückblickend bei einem Skandal – denn die Beobachtung von Abgeordneten ist ein Eingriff in die Freiheit ihres Mandats. Weiterhin werden antikapitalistische Positionen, die innerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vollkommen legitim sind, weiter in die Ecke der Verfassungsfeindlichkeit gestellt. Diese Beobachtungspraxis muss endlich vollständig beendet werden!