Bei der Vorratsdatenspeicherung sollen verdachtsunabhängig alle Telekommunikations- und Internetverbindungsdaten aller Bürger gespeichert und Ermittlungsbehörden zur Strafverfolgung zur Verfügung gestellt werden. Vertraulichkeit der Kommunikation etwa mit Journalisten, Ärzten und Rechtsanwälten ist so nicht mehr gewährleistet. Dies ist nach Auffassung des EuGH weder mit dem Grundrecht auf Achtung des Privatlebens noch mit dem auf Datenschutz vereinbar. Diese Ausführungen des EuGH würden »nahelegen, daß eine allgemeine, voraussetzungslose Speicherung von Daten künftig nicht mehr möglich ist«, stellen die EU-Juristen fest.
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2010 das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Die Hoffnung der innenpolitischen Hardliner aus den Unionsparteien ruhte daraufhin auf der Umsetzung der entsprechenden, damals noch gültigen EU-Richtlinie. Doch hartnäckig trotzte die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Brüsseler Sanktionsdrohungen, so daß Deutschland in der letzten Legislaturperiode frei von Vorratsdatenspeicherung blieb.
Auch nach dem EuGH-Beschluß machten sich Politiker der Union und Polizeigewerkschafter für eine entsprechende Gesetzgebung stark. Dagegen erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Pfingstmontag gegenüber Spiegel online, »bevor nicht eine europäische Richtlinie vorliegt, werden wir in Deutschland kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen«. Nun hatte die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström bereits versichert, keinen neuen Anlauf für eine entsprechende EU-Richtlinie zu unternehmen. Zudem muß Maas die negative Einschätzung der EU-Juristen bereits gekannt haben.
Der Justizministerkonferenz in dieser Woche liegt ein Antrag des Landes Sachsen vor, »von gesetzgeberischen Maßnahmen zur Wiedereinführung einer anlaßlosen und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung abzusehen«. Die Justizminister wären gut beraten, damit das Kapitel Vorratsdatenspeicherung endgültig zu begraben. Denn wer weiterhin einer Totalerfassung des Kommunikations- und Bewegungsverhaltens der Bürger das Wort redet, stellt sich mit solchen Überwachungsphantasien bewußt außerhalb des nationalen und internationalen Rechts.