Nach BGH-Urteil komplett auf Abschiebehaft verzichten

Alle aufgrund der Verordnung eingesperrten Flüchtlinge müssen jetzt entlassen werden – und zwar sofort. Ich erwarte außerdem, dass alle zu Unrecht Inhaftierten eine Entschädigung erhalten, auch wenn sie mittlerweile in ihre Heimatländer abgeschoben wurden.
Die BGH-Entscheidung bezieht sich auf die sogenannten Dublin-Fälle, also Flüchtlinge, die zuständigkeitshalber in einen anderen EU-Staat abgeschoben werden sollen. Dublin-Fälle machen nach Schätzungen von Anwälten 60 bis 80 Prozent aller Abschiebehäftlinge aus. Und von diesen sitzt nach dem Urteil des BGH die Mehrheit zu Unrecht ein.
Die Dublin-III-Verordnung der Europäischen Union erlaubt die Inhaftierung nur beim Vorliegen einer dringenden Fluchtgefahr. Dafür werden klare, objektiv gesetzlich festgelegte Kriterien verlangt. Genau daran mangelt es aber im deutschen Aufenthaltsrecht. Der BGH hält daher fest, ,dass nach der gegenwärtigen Gesetzeslage die Haft zur Sicherung von Überstellungsverfahren nach Artikel 28 Dublin-III-Verordnung nicht auf Fluchtgefahr bzw. einer Entziehungsabsicht des Betroffenen gestützt werden kann.` Das Urteil beschränkt sich nicht auf den Einzelfall – Kläger war ein Pakistani, der nach Ungarn überstellt werden sollte – sondern erklärt jegliche Inhaftierung wegen vermeintlicher Fluchtgefahr für rechtswidrig. Ausnahmen seien lediglich möglich, wenn die Betroffenen untertauchen.
Der falsche Weg wäre es jetzt, in aller Hast eine Rechtsgrundlage nachzuschieben. Stattdessen sollte die Bundesregierung einfach mal innehalten und sich vor Augen führen: Asylsuchende sind keine Verbrecher, die man einsperren muss. Sie verdienen ein faires Verfahren. Abschiebehaft ist nicht nur rechtlich, sondern auch humanitär ein Desaster.“

Der Beschluss des BGH kann hier heruntergeladen werden.

BGH_Dublin_III_rechtswidrig.pdf