T.K.: Frau Jelpke, Sie hielten sich über längere Zeit in den kurdischen Regionen Syriens und Iraks auf. Welche Gebiete haben sie besucht? Schilden Sie uns bitte die humanitäre Lage vor Ort nach der Offensive des Islamischen Staates (IS) und der Massenfluch der religiösen Minderheit der Jesiden.
Ulla Jelpke: Konkret war ich im kurdischen Südosten der Türkei in der an Syrien grenzenden Provinz Mardin und in dem Kanton Cazire des kurdischen Selbstverwaltungsgebietes Rojava im Nordosten Syriens. In der kurdischen Autonomieregion des Irak war ich nur kurz, um von dort nach Rojava zu gelangen. Doch auch im Nordirak hatte ich die Gelegenheit, mit Flüchtlingen zu sprechen.
Ich kann gar nicht sagen, wie viele Menschen jetzt auf der Flucht sind, es sind nach UN-Angaben im Nordirak mehrere Hunderttausend. Die Erstaufnahme der jesidischen Flüchtlinge fand ja in Rojava statt, da ein Fluchtweg durch den Nordirak versperrt war. Von dort sind zwar viele Flüchtlinge dann weiter in die kurdische Autonomiezone im Nordirak gegangen, doch Zehntausende befinden sich bis heute noch in Rojava- eine Tatsache, die hier kaum bekannt ist. Gerade auch diese Flüchtlinge, von denen jetzt viele in provisorischen Lagern leben, brauchen dringend humanitäre Unterstützung. Denn gegen die Selbstverwaltung in Rojava gibt es ein Embargo sowohl der Türkei als auch der kurdischen Regierung im Nordirak, so dass kaum Hilfsgüter hineingelangen. Nicht nur die Flüchtlinge, auch die Einheimischen leiden darunter. Es fehlt an Medikamenten, an Nahrung etc. Dennoch tut die Autonomiebehörden in Rojava alles, um die Menschen zu unterstützen und es gibt unheimlich viel Solidarität aus der Bevölkerung.
Viele Flüchtlinge versuchen, von Rojava aus zu Freunden und Verwandten in der kurdischen Autonomiezone im Nordirak zu gelangen. Flüchtlinge im Nordirak beklagen sich dagegen, dass ihnen die dortigen Behörden oft ablehnend gegenüberstehen, sie als unerwünscht angesehen werden und nicht ausreichend versorgt werden. Einige campieren in Stadtparks in Erbil, andere in wüstenähnlichem Gelände bei Temperaturen von über 40 Grad ohne Zelte und ohne ausreichend Wasser. Einige wenige Flüchtlinge sind in die Türkei geflohen. Doch nur Jesiden mit irakischen Pässen wurden über die Grenze gelassen, einige mussten kleine Kinder im Nordirak zurücklassen, weil diese noch keine Ausweise hatten. Und wie ich jetzt gehört habe, wurden jesidische Flüchtlinge in einem Lager in der Türkei auch dort von Dschihadisten mit dem Tod bedroht. Erst ganz langsam läuft jetzt die Hilfe durch den UNHCR und andere Organisationen in der Region an. Hier muss noch ganz viel getan werden.
Das vollständige Interview ist über den folgenden Link auf Heise.de nachzulesen