Ulla Jelpke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein zentrales innenpolitisches Thema der letzten Monate ist unzweifelhaft der Umgang mit schutzsuchenden Menschen in Deutschland. Die Debatte lässt sich meines Erachtens kurz zusammenfassen: Je größer die Herausforderungen für die Flüchtlingspolitik sind, desto hartherziger sind die Vorschläge aus dem Innenministerium. Da hat mich auch heute, Herr Innenminister, nicht überzeugt, was Sie hier vorgetragen haben; denn ich fand es sehr abstrakt und nicht konkret.
Bei der großen Zahl von Flüchtlingen, die hier Schutz suchen, ist das, was Sie bisher in Gesetzesvorschlägen vorgelegt haben, im Grunde Ausdruck des Ziels es wird immer wieder deutlich : Man will abschotten, und man will vor allen Dingen abschrecken. Das kann aus unserer Sicht nicht die richtige Antwort sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Um ein Beispiel zu nennen: Das erste zentrale Vorhaben ist die Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sogenannte sichere Herkunftsstaaten. Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern sollen pauschal abgelehnt werden. In den Debatten hier in diesem Hause haben Sie die Verletzung von Menschenrechten, insbesondere der Roma aus diesen Ländern, massiv bagatellisiert.Wir hoffen deswegen weiterhin, dass dieser Gesetzentwurf im Bundesrat scheitert. Wir werden auf jeden Fall unseren Beitrag dazu leisten.
Trotz der Not dieser Menschen scheuen Sie von der CDU/CSU sich nicht, die Flüchtlinge gegeneinander auszuspielen. Sie suggerieren, es sei ausreichend Platz in den Flüchtlingsunterkünften, wenn es Asylsuchende aus den Balkanstaaten nicht mehr gäbe. Das verdreht schlicht und einfach Ursache und Wirkung und ist daher falsch. Seit vier Jahren steigen in Deutschland und in Gesamteuropa die Asylbewerberzahlen. Spätestens durch den Krieg in Syrien, aber auch aufgrund der Sicherheitslage in Afghanistan, in Somalia, in Eritrea und in jüngster Zeit auch wieder im Irak steigen die Flüchtlingszahlen.
Darauf hätten Deutschland und die Bundesregierung vorbereitet sein müssen. Bund, Länder und Kommunen hätten ebenfalls reagieren können und reagieren müssen. Das Versagen den Flüchtlingen anzulasten, ist meines Erachtens pure Stimmungsmache. Wer wirklich Flüchtlingsschutz will, muss den Kommunen endlich finanziell unter die Arme greifen und sie wirklich entlasten.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Innenminister, Sie haben hier heute angekündigt,dass es eine neue EU-Initiative zur Verteilung der Flüchtlinge geben soll. Wir begrüßen das sehr. Wir haben hier immer wieder vorgetragen, dass es in Gesamteuropa eine andere, eine humanitäre Flüchtlingspolitik geben muss. Aber auch hier möchte ich erst einmal abwarten, was wirklich vorgelegt wird. Denn bisher ist die Flüchtlingspolitik auch von deutscher Seite her unsolidarisch gegenüber anderen Ländern. Sie wissen ganz genau Sie haben kürzlich mit dem italienischen Innenminister geredet , dass Italien wenigstens 60 000 Flüchtlinge gerettet hat. Jetzt wird einfach davon geredet, dass Frontex II das übernehmen soll. Wie das genau ablaufen soll und wie vor allen Dingen die EU-Grenzländer, die eine enorme Belastung zu tragen haben, wie Griechenland und Italien, mit der Flüchtlingsflut fertigwerden sollen, das ist im Grunde genommen nach wie vor nicht beantwortet. Die Dublin-III-Verordnung ist in der Tat gescheitert und muss unseres Erachtens weg. Das unwürdige Hinund-her-Geschiebe der Flüchtlinge muss endlich ein Ende haben.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, aus dem BMI sind in den vergangenen Monaten immer wieder Gesetzesinitiativen im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts vorgelegt worden. Sie alle tragen unseres Erachtens das Gift vonAbschottung und Abschreckung in sich. Ich gebe einige Beispiele: Im Asylbewerberleistungsgesetz wollen Sie noch mehr Möglichkeiten für Leistungskürzungen schaffen. Die Hürden für eine Ausweisung, also eine Abschiebung, sollen gesenkt werden.Abschiebehaft soll leichter verhängt werden können. Das Freizügigkeitsrecht für EU-Bürger wird populistischen Scharfmachern geopfert, die überall nur Betrug und Missbrauch wittern wollen. Dieser Politik der Abschreckung und Abschottung werden wir mit aller Macht weiter entgegentreten. So kann man keine solidarische Flüchtlingspolitik entwickeln.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Drucken