SPD-Vorstoß für Flüchtlingsunterbringung
Von Ulla Jelpke (erschienen in der jungen Welt am 07.01.2015)Das neue Jahr begann wie das vergangene mit einem rechtspopulistischen Ausraster der CSU. Waren im vergangenen Januar bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth südosteuropäische Migranten das Ziel – Parole »Wer betrügt, fliegt« – sind es nun Flüchtlinge. »Wer aus rein wirtschaftlichen Gründen das Recht auf Asyl als Einwanderungsrecht missbraucht, muss Deutschland zügig wieder verlassen«, eine »Zuwanderung in die Sozialsysteme« dürfe es nicht geben. »Ängste und Befürchtungen« müssten ernst genommen werden. Die Forderung nach schnellerer Abschiebung abgelehnter Asylbewerber wurde von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) umgehend aufgegriffen.
Während ihr Koalitionspartner aus rassistischen Stimmungen Stimmen für sich zu gewinnen hofft, versucht sich die SPD demagogisch in der Mitte zu profilieren. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel – der im übrigen in der Bundesregierung selbst die Verschärfung der Abschiebungsregeln mitbetreibt – fordert nun, der Bund solle die Kosten für die Unterbringung von Asylsuchenden komplett übernehmen. Bislang tragen die Kommunen diese Kosten, die ihnen dann von den Ländern ganz oder teilweise erstattet werden. Gabriel fürchtet den sozialen Sprengstoff, der entstünde, wenn eine Kommune »zwischen dem Bau einer Flüchtlingsunterkunft und dem Erhalt eines Schwimmbads« entscheiden müsse.
Nun ist es nicht so, dass in den vergangenen Monaten nicht schon mehrfach über Geld geredet worden wäre. 500 Millionen Euro werden die Länder in diesem und voraussichtlich auch im nächsten Jahr für Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden erhalten. Doch damit ist kein Kurswechsel in der Aufnahmepolitik verbunden – ob die Flüchtlinge endlich überall in Wohnungen statt in Massenunterkünften untergebracht werden, bleibt Ländern und Kommunen überlassen. Bezeichnend ist, dass Gabriel als Beispiel für die Kosten der Flüchtlingsaufnahme als allererstes Unterkünfte, nicht aber Sprachkurse, Mehraufwand in Kitas und Schulen, Hilfen beim Zugang zu Ausbildung und Arbeit oder anderes einfallen. Es ist sichtlich noch ein weiter Weg, bis sich menschenwürdige Aufnahme und frühzeitige Integration als Leitbild der Flüchtlingsaufnahme in der Bundesrepublik durchgesetzt haben werden.
Gabriel hat in seiner sprunghaften Art nicht nur wieder einmal vergessen, seine Forderungen auch mit einem politischen Konzept zu verbinden. Er unterschätzt zudem, dass es den Pegida-Anhängern herzlich egal ist, wer für die Aufnahme von Asylsuchenden zahlt – ob Kommune, Land oder Bund. Statt Verständnis für »Sorgen und Nöte« ist daher klare Kante gefragt – gegen rassistische Ausgrenzung und dumpfe Vorurteile.
Ulla Jelpke ist innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag