Rede zu TOP 5 der 88. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages, 1. Beratung des Entwurfs eines „Gesetzes zur abschließenden Beendigung der verfassungswidrigen Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften“ der Fraktion Die Grünen auf 18/3031
Ulla Jelpke (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Die Linke sagt ganz klar: Kein Mensch darf aufgrund seiner sexuellen Orientierung in irgendeiner Richtung benachteiligt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich möchte hinzufügen: Dies sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Zugleich sollte das auch ein Lackmustest für eine demokratische und offene Gesellschaft sein. Ich sage in Richtung der CDU/CSU: Wer andere Staaten an diesem Punkt zu Recht kritisiert, muss mit gutem Beispiel vorangehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Realität ist leider auch in Deutschland eine andere. Es sind zwar zahlreiche Schritte unternommen worden, um die Diskriminierung von Lesben und Schwulen zu beenden die Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes vor nunmehr 14 Jahren war ein ganz wesentlicher Schritt dahin , aber es sind noch immer gesellschaftliche Ressentiments und Defizite in der Gesetzgebung vorhanden.
Für die Linke ist ganz klar: Erst wenn Lesben und Schwule, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle in allen Teilen Deutschlands ob in der Stadt oder auf dem Land, ob im Norden oder im Süden allenthalben nicht nur toleriert, sondern wirklich akzeptiert sind, ist die Gleichberechtigung endlich erreicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir wissen natürlich, dass das noch ein langer und steiniger Weg sein wird, aber wir alle müssen daran arbeiten hier und auch außerhalb des Parlaments.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, wir müssen den Gesetzeswerken die Reste von Diskriminierung nehmen. Als Beispiel nenne ich hier das eben angesprochene Adoptionsrecht. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, Frau Kollegin, warum das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule nicht endlich umgesetzt wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Zu dem Gesetzentwurf, den die Grünen heute vorgelegt haben, muss ich sagen: Ich lobe Sie ja selten, aber meines Erachtens ist das ein ausgezeichneter Gesetzentwurf, dem wir auf jeden Fall zustimmen werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Gleichberechtigung engagierter Lebenspartner ist für uns Linke der erste Schritt, alle Lebensweisen in gleicher Weise anzuerkennen. Unser Ziel ist die Abschaffung des Eheprivilegs. Privilegien, zum Beispiel Steuervorteile, sollten eben nicht an den Trauschein gebunden sein. Wer Verantwortung übernimmt, zum Beispiel für ein Kind oder für Kranke, sollte immer Unterstützung und Förderung erhalten. Viele Menschen übernehmen heute ohne Trauschein Verantwortung. Das ist wichtig und richtig. Diese soziale Wirklichkeit muss auch auf der rechten Seite dieses Hauses anerkannt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber ich sage auch: Wer heiraten will, soll heiraten dürfen. Es ist ein Institut für alle, egal ob homo-, trans-, inter- oder heterosexuell. Deshalb hat die Linke zu Beginn dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe eingebracht. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe gleichgestellt. Das ist für den Gesetzgeber bindend.
(Beifall bei der LINKEN)
Es ist eine Farce, dass auch nach langen Diskussionen immer wieder verlangt und gefordert werden muss, diese Angleichung endlich zu vollziehen, ohne dass Betroffene bis vor den höchsten Gerichte dafür klagen müssen.
Ich möchte besonders an die SPD appellieren – wir haben es eben schon gehört -: Sie haben übrigens nicht nur auf den CSDs, sondern auch als Wahlkampfparole angekündigt: „100 Prozent Gleichstellung nur mit uns“.
(Johannes Kahrs (SPD): So wird es auch bleiben! – Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): So ist es, und so ist es auch gut!)
Also, bitte verstecken Sie sich dann nicht hinter der Koalitionsdisziplin, sondern stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu.
(Johannes Kahrs (SPD): Aber heute geht das doch gar nicht!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Ihnen muss ich sagen, dass Ihr mittelalterliches Weltbild mit der Mann-Frau-Kinder-Familie nicht mehr in die Gegenwart passt.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Seien Sie einmal lernfähig, selbst auf die Gefahr hin, Ihre konservativen Wähler zu verschrecken. Geben Sie wenigstens die Abstimmung in Ihrer Fraktion frei, damit diese Gesetze endlich umgesetzt werden.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))