Bundesregierung plant Änderungen im Asylrecht.
Gastkommentar von Ulla Jelpke (erschienen am 18.09.2015)Nachdem die Bundesregierung bislang keine verbindlichen Konzepte und Lösungen für eine menschenwürdige Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen liefern konnte oder wollte, zeigt ein Gesetzentwurf nun die beabsichtigte Richtung für die Neugestaltung des Asylrechts auf: Er sieht erhebliche Einschränkungen vor, Abschreckung und Abschottung stehen weiterhin ganz oben auf der Agenda. Die wenigen bei der Bleiberechtsnovelle erzielten Verbesserungen, auf die Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen jahrelang hingewirkt haben, werden zurückgenommen oder sogar ins Gegenteil verkehrt.
Vor allem »Dublin-Flüchtlinge« würden durch diese Vorschriften massiv benachteiligt. Um die widersinnigen und ungerechten Zuständigkeitsregelungen der Dublin-Verordnung durchzusetzen, sollen Flüchtlingen, die über ein anderes Land als die Bundesrepublik in die EU gelangt sind, sämtliche Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verwehrt bleiben. Für sie gäbe es weder einen Anspruch auf Unterbringung noch auf medizinische Versorgung. Dies hat zum Ziel, die Flüchtlinge möglichst schnell außer Landes zu treiben. Bei der Ausreise »hilft« der Staat dann wieder – mit einer Fahrkarte und Reiseproviant.
Die mühsam für langjährig Geduldete erkämpfte Bleiberechtsperspektive steht ebenfalls zur Disposition. Über formalistische Schleichwege und Winkelzüge sollen Geduldete für vermeintlich selbstverschuldete Abschiebungshindernisse teuer bezahlen – etwa mit Arbeitsverboten und Leistungskürzungen. Auch hinsichtlich der Unterbringung der Flüchtlinge sieht es düster aus – die Kasernierung in Erstaufnahmeeinrichtungen soll sich nun bis zu sechs Monate hinziehen können. »Schlechte« Flüchtlinge aus »sicheren Herkunftsstaaten« – zu denen nach dem Willen des Gesetzgebers nun bald auch das Kosovo, Albanien und Montenegro gehören sollen – werden direkt aus diesen Lagern wieder abgeschoben. Auch an der Ersetzung von Bargeld- durch Sachleistungen in Erstaufnahmeeinrichtungen hält das Innenministerium im Gesetzentwurf fest. Trotz der vom Bundessozialgerichtspräsidenten geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken.