„Die Entkriminalisierung der Einreise von Flüchtlingen ist absolut überfällig“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Entwicklung der Ermittlungsverfahren wegen illegaler Einreise. Die Bundesregierung hat zudem Angaben zu polizeilichem Vorgehen gegen Schleuser gemacht. Jelpke weiter:
„Die Praxis, gegen Flüchtlinge mit Strafverfahren wegen unerlaubter Einreisen vorzugehen, muss umgehend abgeschafft werden. Es handelt sich um reine Vergeudung von Arbeitszeit und eine Diskriminierung von Flüchtlingen.
118.185 Anzeigen wegen unerlaubter Einreisen hat allein die Bundespolizei bis August dieses Jahres gegen Flüchtlinge gestellt. Fast 90.000 von ihnen wurden wegen des unerlaubten Grenzübertritts erkennungsdienstlich behandelt Im gesamten Jahr 2014 waren noch 57.000 unerlaubte Einreisen festgestellt worden. Allerdings zeigen die Zahlen aus der Vergangenheit, dass rund 99 Prozent aller Verfahren wieder eingestellt werden, sobald die Flüchtlinge ihren Asylantrag formuliert haben. Polizeigewerkschaften wie die GdP oder der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordern deswegen, den Straftatbestand abzuschaffen und eine Einreise ohne gültiges Visum nur noch als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Es ist absurd, dass Polizisten einerseits über Überlastung klagen und andererseits gesetzlich angehalten werden, in über 100.000 Fällen Ermittlungen nur für den Papierkorb zu führen.
Die Bundesregierung lehnt das jedoch ab. Ihre Einschätzung, von einer Entkriminalisierung der Einreise würde eine ‚fatale Signalwirkung‘ ausgehen, ist nicht nur zynisch angesichts des Elends, aus dem die Flüchtlinge fliehen. Sie ist auch purer Unsinn, weil die jetzigen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Praxis keine Abschreckungswirkung entfalten. Eine positive Signalwirkung hätte ihre Änderung aber insofern, als dass Deutschland damit signalisieren würde, auf überflüssige und unnütze Polizeimaßnahmen zu verzichten. Es gibt keinen legitimen Grund, Flüchtlinge als Kriminelle einzustufen, nur weil sie notgedrungen ohne Visum einreisen.
In der Antwort auf eine weitere Anfrage teilte die Bundesregierung mit, bis September seien 2653 tatverdächtige Schleuser festgenommen worden, rund doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die meisten Verdächtigen stammen aus Ungarn, Rumänien und Syrien. 1988 von ihnen wurden an der deutsch-österreichischen Grenze festgestellt. Drei Viertel aller festgestellten 14.811 eingeschleusten Flüchtlinge stammen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Ihre Asylanträge haben damit äußert hohe Anerkennungschancen. Sie werden nur durch die unzureichenden legalen Einreisemöglichkeiten oder unzumutbar lange Wartezeiten in Visaverfahren dazu gezwungen, die Dienste von Schleusern in Anspruch zu nehmen. Auch deswegen ist es dringend geboten, endlich legale Wege der Einreise für Flüchtlinge zu schaffen.“