„Die EU ist offensichtlich bereit, die massiven Probleme und Menschenrechtsverletzungen in der Türkei zu ignorieren, um schutzsuchende Flüchtlinge von Europa fernzuhalten. Mit Erdogan als Verhandlungspartner wird es keine humanitäre europäische Flüchtlingspolitik geben, sondern nur eine neue Dimension der Abschottung von Schutzsuchenden“, äußert sich Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zu den Bestrebungen der EU, die Türkei für eine gemeinsame Linie in der Flüchtlingspolitik zu gewinnen. Jelpke weiter:
„Die Türkei ist kein sicherer Herkunfts- oder Drittstaat, sondern ein Verfolgerstaat. Die Politik des Erdogan-Regimes basiert auf der Einschüchterung und Unterdrückung von Kritikern und Oppositionellen. Der unter faktischen Bürgerkriegsbedingungen zustande gekommene Wahlerfolg der Regierungspartei AKP wird diese Linie noch einmal verschärfen. Bereits einen Tag nach den Parlamentswahlen wurden erneut kritische Journalisten verhaftet und eine Ausgabe der Zeitschrift Nokta wegen Kritik an Erdogan verboten. Zugleich gehen Armee und Polizei in den kurdischen Städten Yüksekova und Silvan bewaffnet gegen die Zivilbevölkerung vor.
Es gibt in der Türkei weder für religiöse Minderheiten noch für Flüchtlinge ein funktionierendes Schutzsystem. Viele Flüchtlinge, zum Beispiel aus Afghanistan und dem Irak, haben dort nicht einmal einen offiziellen Schutzstatus nach nationalem Recht. Politische Verfolgung ist in der Türkei an der Tagesordnung – nicht umsonst lag 2014 die EU-Schutzquote für türkische Flüchtlinge bei 23 Prozent. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte im vorigen Jahr 94 Verstöße gegen Menschenrechte in der Türkei fest. Zumindest solange die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention nicht vorbehaltslos ratifiziert, darf es keine migrationspolitisch motivierten Zugeständnisse seitens der EU geben.“