Für die Bundeswehr ist die Flüchtlingshilfe eine Großübung in Sachen zivil-militärischer Zusammenarbeit: In der Spitze bis zu 9.000 Soldaten pro Tag werden derzeit zur Entlastung von Ländern und Kommunen eingesetzt. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion führt die Bundesregierung aus, dass allein bis Dezember vorigen Jahres 791 Unterstützungsersuchen erfüllt wurden. Die meisten waren von den Ländern gekommen, aber auch manche Gemeinde hatte sich eigens an die Bundeswehr gewandt.
Die meisten Soldaten sind als Sanitäter tätig oder helfen bei einfachen logistischen Aufgaben wie der Essensausgabe. Die Unterstützung ist in der Regel zeitlich befristet, 83 Projekte sind aber längerfristig angelegt, etwa in Erstaufnahmeeinrichtungen oder sogenannten Wartezentren.
Mit knapp 1.800 Soldaten war zum Stichtag Anfang Dezember das Gros der Soldaten in Bayern im Einsatz, wo auch die meisten Flüchtlinge ankommen. In den anderen Bundesländern waren es jeweils zwischen 200 und 500 Soldaten.
Die Angaben der Bundesregierung zu den dabei entstehenden Kosten sind spärlich: Mitgeteilt wird nur, dass zwischen Juli und Oktober vorigen Jahres 70 Millionen Euro aufgewendet worden seien. Das Gros sind allerdings Personalkosten, also der Sold für die Soldaten. Damit bestätigt sich, dass der wichtigste Beitrag der Bundeswehr in personeller Unterstützung besteht – das verkauft sich in der Öffentlichkeit unter dem Stichwort »helfende Hände« auch außerordentlich gut. Personalkosten müssen die Länder nicht zahlen, aber ob ihnen auch die 5,5 Millionen Euro an Material- und Sachkosten erlassen werden, ist noch nicht entschieden. Dabei schlagen vor allem 141 »Einheitszelte Typ 2 inklusive zugehöriger Beleuchtungssätze« mit 3,4 Millionen zu Buche. Nach aktualisierten Angaben der Bundeswehr von dieser Woche gab sie bisher 850.000 Verpflegungseinheiten aus, derzeit sind 11 mobile Röntgengräte bereitgestellt. Hinzu kommen 12.760 Betten plus Decken und 80 Omnibusse. Mit letzteren werden Flüchtlinge zu ihren vorläufigen Aufnahmeorten gebracht.
Die Bundesregierung legt Wert auf die Feststellung, dass die Soldaten in keiner Weise die Entscheidungen ziviler Organisationen und Behörden durchsetzen, sondern diese lediglich administrativ unterstützen. Nach dem Grundgesetz wäre eine Tätigkeit der Soldaten, die in die Grundrechte von Zivilisten eingreift, allenfalls in Katastrophensituationen zulässig. Die Grenze zwischen »exekutiven« Aufgaben und »administrativen« Hilfsfunktionen ist allerdings fließend. So sind 500 Soldaten im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge tätig, um bei der Erfassung und Registrierung von Flüchtlingen zu helfen. Dazu gehören die Datenerfassung und die Abnahme von Fingerabdrücken.
Am Zentrum für Innere Führung erhalten Führungskader der Bundeswehr Schulungen in Sachen interkultureller Kompetenz. Von einer Militarisierung der Flüchtlingshilfe zu sprechen, wäre angesichts der konkreten Tätigkeit der Soldaten unangemessen. Dennoch bietet sich der Bundeswehr die Chance, Routine und Strukturen im Bereich der zivil-militärischen Zusammenarbeit zu perfektionieren. Von der Kooperation mit zivilen Behörden und Organisationen verspricht sie sich auch einen militärisch verwertbaren Nutzen: Sie führe, so die Bundesregierung, »zu wechselseitigen Erkenntnissen der Strukturen und Prozesse in den jeweils anderen Organisationen, die für eine Verbesserung der gemeinsamen Aktivitäten im In- und Ausland hilfreich sind.« Mittlerweile wird die Tätigkeit der Bundeswehr zurückgefahren, vorige Woche waren noch 6.300 Soldaten involviert. Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) will die Unterstützung bis zum Sommer komplett auslaufen lassen. Bis dahin sollten Kommunen und Länder eigene Strukturen aufbauen und ihr Personal aufstocken. Dafür werden sie allerdings bisher vom Bund längst nicht ausreichend unterstützt.