„Forderungen nach einer Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge sind nicht nur plump populistisch, sondern auch unvereinbar mit geltendem Recht: Die Freizügigkeit von Schutzsuchenden ist im Europa- und Völkerrecht fest verankert. Nach ihrer Anerkennung haben Flüchtlinge das Recht, ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und sich eine neue Existenz aufzubauen. Dazu gehört neben Wohnung und Arbeit auch die Möglichkeit, Sprachkurse zu besuchen und sozialen Anschluss zu finden – nur so kann Integration gelingen“, äußert sich Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der Forderungen von Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von NRW, nach einer Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge. Bereits im Januar hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel die Einführung von Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge mit anerkanntem Schutzstatus gefordert. Jelpke weiter:
„Das Phänomen der Urbanisierung ist nicht neu, die Menschen zieht es in die Städte, weil dort Arbeitsmarkt, Kinderbetreuung und Infrastruktur besser sind als in ländlichen Gegenden. Flüchtlinge müssen in Deutschland ganz von vorn anfangen. Für sie ist es besonders wichtig, Anschluss zu finden. Auf dem Land ist das Risiko der gesellschaftlichen Isolation doch deutlich größer als in Städten, wo es einfach mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur sowie mehr Angebote zum interkulturellen Austausch und zur Integration gibt. Da Flüchtlinge in der Regel kein Auto haben, sind sie zudem in hohem Maß auf eine gute Infrastruktur angewiesen. In ländlichen Gebieten liegen jedoch oft lange Wege zwischen Wohnort und Schulen, Arbeitsstätten oder Bildungseinrichtungen. Anstatt die Zwangsverteilung von Flüchtlingen zu fordern, sollte man sich lieber daranmachen, diese Missstände zu beseitigen und endlich tragfähige Konzepte zur Integration von Flüchtlingen zu erarbeiten.
Die Rechtspopulisten von der AfD wollen Flüchtlinge an der Grenze zum Abschuss freigeben, die Arbeitsministerin will sie zwangsintegrieren und die NRW-Ministerpräsidentin will ihnen vorschreiben, wo sie nach ihrer Anerkennung leben sollen. Es fragt sich wirklich, wie viele polemische und menschenfeindliche Forderungen man sich in der flüchtlingspolitischen Debatte noch anhören muss – und bei wie vielen man Angst haben muss, dass sie in die Tat umgesetzt werden.“