Charterflug nach Kabul: Zweifel an „freiwilligen“ Ausreisen

„Ich bezweifle doch stark, dass von den rund 150 Schutzsuchenden, die morgen nach Kabul ausgeflogen werden, wirklich alle freiwillig in ein Land zurückkehren, in dem sie Kriegs- und Kampfhandlungen ausgesetzt sind. Vielmehr scheint die Saat, die Bundesinnenminister de Maizière mit seinem Abschiebe-Appell an die Innenminister der Länder gesät hat, aufzugehen“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, Berichte von Flüchtlingshelfern, nach denen rund 150 afghanische Flüchtlinge am Dienstag von Frankfurt a.M. aus nach Kabul verbracht werden sollen. Mit einem ursprünglich vertraulichen Brief hatte der Bundesinnenminister noch Anfang Februar vermehrte Rückführungen und Sammelabschiebungen nach Afghanistan zum politischen Ziel erklärt und die Landesinnenminister um Unterstützung hierbei gebeten. Jelpke weiter:

„Es gibt in Afghanistan keinen sicheren Ort, die Zivilbevölkerung läuft permanent Gefahr, bei Gefechten und Attentaten ums Leben zu kommen. Das geht auch ganz klar aus sämtlichen aktuellen Lageberichten des Auswärtigen Amtes und der Bundeswehr hervor. Abschiebungen in dieses Bürgerkriegsland darf es deswegen nicht geben, auch wenn der Bundesinnenminister das offenbar anders sieht und die Reduzierung der Flüchtlingszahlen über das Wohl von Schutzsuchenden stellt.

Es gibt viele Wege, auf verzweifelte oder verunsicherte Menschen einzuwirken, so dass diese am Ende scheinbar freiwillig das Land verlassen. Man kann ihnen suggerieren, sie hätten sowieso keine Chance auf Asyl – obwohl die bereinigte Schutzquote von afghanischen Flüchtlingen bei über 80 Prozent liegt. Man kann ihnen ankündigen, dass sie ihre Familie nicht nachholen dürfen. Man kann ihnen finanzielle Anreize für die Rückreise unterbreiten. Man kann sie durch unzumutbare Lebensumstände in improvisierten Flüchtlingslagern in Deutschland zermürben.

Ich fürchte, dass der morgige Rückführungsflug nur ein Testballon ist, der sowohl als abschreckendes Exempel für potentielle Flüchtlinge dienen soll als auch Wegbereiter für weitere Abschiebungen und Ausreisen nach Afghanistan ist.“

 

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