Türkei-Einreiseverbote oft mit PKK-Verdacht begründet
Fünf Polizisten holten Nurdane Türkmen bei einer Zwischenlandung in Istanbul Anfang Juni aus dem Flugzeug. Nach 20stündiger Haft sei die kurdischstämmige Österreicherin nach Österreich abgeschoben worden, berichtete das Nachrichtenmagazin Profil. Zur in der Türkei unerwünschten Person war die Künstlerin offenbar durch ihre Ausstellung in Wien mit Kinderzeichnungen aus der syrisch-kurdischen Stadt Kobani geworden.
Ein Einzelfall ist das nicht. Zwar will die Bundesregierung von der Existenz »schwarzer Listen« mit Personen, deren Einreise in die Türkei unerwünscht ist, keine Kenntnis haben. Wohl aber gebe es entsprechende Datenbanken der türkischen Grenzkontrollbehörden, heißt es in der Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion zu »Einreiseverboten in die Türkei«. Aus »besonderen Gründen der öffentlichen Sicherheit« könnten bis zu fünfjährige Einreiseverbote in die Türkei auf bis zu zehn Jahre verlängert werden.
Statistisch werden Einreiseverweigerungen zwar nicht erfasst. Doch innerhalb der letzten fünf Jahre sind der Bundesregierung 29 aus Deutschland stammende Personen bekanntgeworden, die von türkischen Behörden an der Einreise gehindert wurden. In den meisten Fällen sei dies mit Verdacht auf Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans PKK begründet worden. Darunter fällt wohl auch eine Gruppe von Menschenrechtsaktivisten, die im März die kurdischen Newroz-Feste beobachten wollten.
Der Bundesregierung sind sechs Einzelfälle von ausländischen Journalisten bekannt, denen die Einreise in die Türkei verweigert wurde. So wurde der Kairoer ARD-Korrespondent Volker Schwenck im April am Istanbuler Flughafen zurück nach Ägypten geschickt. Der Türkei-Korrespondent des Spiegel, Haznain Kazim, wiederum musste das Land verlassen, weil seine Akkreditierung nicht verlängert wurde.
»Noch vor einigen Jahren erschien es möglich, auch ohne Akkreditierung journalistischer Arbeit im Land nachzugehen. Heute ist eine fehlende Akkreditierung ein Grund zur Ausweisung der betreffenden Journalistin oder des Journalisten«, merkt die Bundesregierung zu der »zunehmend rigiden« Praxis der AKP-Regierung an. Über die Akkreditierung entscheidet eine »als regierungsnah« eingestufte Behörde.
Erschien in junge Welt vom 15. Juni 2016