„Die Bundeswehr will an ihrer Praxis festhalten, rechtsextreme Soldaten als ‚Einzelfälle‘ zu betrachten und ggf. im Dienst zu belassen. Von einem radikalen Umsteuern im Kampf gegen Rechtsextremismus kann bei der Truppe keine Rede sein“, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu Rechtsextremismus und Wehrmachtsverherrlichung in der Bundeswehr. Jelpke weiter:
„Ausdrücklich kündigt die Bundesregierung an, „auch weiterhin Einzelfallbetrachtungen“ über Verbleib oder Entlassung von Soldaten zu treffen, die SS-Parolen oder andere Nazi-Sprüche von sich geben. Nazi zu sein, ist demnach kein Hindernis für den Erhalt einer staatlichen Schusswaffenausbildung.
Der MAD hat der Antwort zufolge seit 2012 in 1522 Fällen wegen des Verdachts des Rechtsextremismus gegen Soldaten ermittelt. Nur in 19 Fällen sei dieser Verdacht bestätigt worden – das liegt allerdings auch daran, dass ein ‚Hitlergruß‘ für den MAD noch lange kein Beweis für eine Nazigesinnung ist. Angesichts des Korpsgeistes in der Bundeswehr ist auf das interne Meldewesen ohnehin kein Verlass.
Die Antwort macht eine eklatante Lücke bei der politischen Bildung sichtbar: Eine Unterrichtung über die Verbrechen der Wehrmacht ist praktisch nicht vorgesehen. Bei Mannschaftsdienstgraden taucht die NS-Zeit überhaupt nicht auf. Lediglich für Soldaten ab dem Unteroffiziersrang gibt es Bildungsveranstaltungen zum Thema Wehrmacht und Nationalsozialismus. Dort geht es aber ‚insbesondere‘ um das Attentat vom 20. Juli 1944. Damit wird der Unterricht zur Mogelpackung: Statt auf die Regel – die Verbrechen – fokussiert er sich auf die Ausnahme. Der 20. Juli dient als Alibi für die Wehrmacht. Auf Grundlage einer solchen Bildung ist die Wehrmachtsverherrlichung in der Truppe kein Wunder.
Die angekündigten Lehren aus dem Fall Franco A. entpuppen sich als heiße Luft. Es bleibt alles beim Alten, abgesehen vom Abhängen oder Umhängen einiger Wehrmachtsbilder.
Nötig wäre aber, die Bundeswehr unattraktiv für Neonazis zu machen – beispielsweise durch den Verzicht auf Kampfeinsätze, eine weitgehende Entwaffnung und eine radikale Personalverkürzung.“
Die Antwort der Bundesregierung kann hier heruntergeladen werden:
1812736 Rechtsextremismus Wehrmachtsverherrlichung Bundeswehr