Zunehmende Verrohung der Abschiebepolitik
„Nachdem im Mai eine Abschiebung in Ellwangen verhindert wurde, überschlugen sich Politiker mit Forderungen nach einer konsequenteren Durchsetzung der Ausreisepflicht. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt fabulierte gar von einer ‚aggressiven Anti-Abschiebe-Industrie‘, die bewusst den Rechtsstaat sabotiere. Solche Aussagen verschieben den Diskurs immer weiter nach rechts und ersticken jegliche noch verbleibende Humanität im Umgang mit Geflüchteten. Dabei lässt sich ein Vollzugsdefizit bei Abschiebungen in keiner Weise belegen, das zeigen die Zahlen eindeutig. Das entlarvt die Forderungen rechter Politiker als substanzlose flüchtlingsfeindliche Hetze“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Ulla Jelpke zur Antwort der Bundesregierung auf ihre Kleine Anfrage „Zahl der Abschiebungen, Zurückweisungen und Zurückschiebungen, Stand 1. Halbjahr 2018“ (Drs. 19/3702).
Demnach wurden im ersten Halbjahr 2018 insgesamt 12.261 Menschen aus Deutschland abgeschoben – das entspricht in etwa dem Niveau des Vorjahres. Allerdings sind die Fälle, in denen Widerstand gegen eine Abschiebung geleistet wurde, deutlich angestiegen. Während im gesamten Jahr 2017 Abschiebungen 525 Mal am Widerstand der Betroffenen scheiterten, schnellte diese Zahl allein im ersten Halbjahr 2018 auf 641 in die Höhe. Ulla Jelpke dazu weiter:
„Der deutliche Anstieg in letzter Minute scheiternder Abschiebungen ist ein Effekt der zunehmenden Verrohung der Abschiebepolitik. Überraschungsabschiebungen ohne Vorankündigung, selbst nach mehrjährigem Aufenthalt, sind nicht nur völlig unverhältnismäßig. Sie führen auch in der Praxis dazu, dass Betroffene erst im letzten Moment auf etwaig bestehende Abschiebungshindernisse, etwa medizinische Gründe oder familiäre Bindungen, hinweisen können. Oder sie setzen sich wegen der überfallsartigen staatlichen Zwangsmaßnahme verzweifelt zur Wehr.“
Anfrage und Antwort sind hier einzusehen:
1903702 Abschiebungen Ausreisen I 2018