Rede zum Zusatzpunkt 7 der 80. Sitzung des Bundestages am 14.02.2019: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der AfD – Die Werkstattgespräche der CDU und die Konsequenzen für die Asylpolitik der Bundesregierung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben heute wieder, wie Flüchtlingspolitik im Wettbewerb um Schäbigkeit zwischen der AfD-Fraktion und leider auch der Union stattfindet.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die AfD schreit; die Union liefert und bedient damit die Hetze.
(Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP auch!)
Sie benutzen diese Aktuelle Stunde nur, um hier Klamauk durchzuziehen. Das zeigt Ihre gesamte Reaktion auf die bisherige Debatte.
(Beifall bei der LINKEN – Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau richtig! Sehr gut!)
In der Debatte hört man nur: Abschiebung, Zurückweisung, Abschiebung. Wenn man das Werkstattpapier der CDU liest, wird man sehr schnell feststellen, dass das Wort „Integration“ gar nicht vorkommt.
(Armin-Paulus Hampel (AfD): Das steht auch nicht in der Verfassung!)
Arbeit, Ausbildung, menschenwürdiges Wohnen – Fehlanzeige. Statt Positivmaßnahmen wird einseitig auf Repression gesetzt.
(Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr richtig!
Dabei sind die meisten Forderungen, die in diesem Werkstattprogramm stehen, längst gültiges Recht. Schon jetzt ist laut Dublin-Verordnung in der EU nur ein einmaliges Asylverfahren möglich. Schon jetzt gibt es Leistungskürzungen und Strafen für Schutzsuchende, die nicht ausreichend an ihrer eigenen Abschiebung mitwirken. Man fragt sich ernsthaft, ob die Union überhaupt ihre eigenen Gesetze kennt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und, meine Damen und Herren, anders als das Werkstattpapier suggeriert, erleben wir bereits seit 2015 eine beispiellose Verschärfung der Asylpolitik. Die von der Bundeskanzlerin eingeforderte „nationale Kraftanstrengung“ bei Abschiebungen führte dabei zu einer deutlichen Verrohung der Abschiebepolitik. Gesetzlich verordnete Überraschungsabschiebungen haben den Effekt, dass sich viele Geflüchtete nachts nicht mehr trauen, einzuschlafen. Andere gehen gleich in die Illegalität. Bei Abschiebungen in bestimmte Zielstaaten, wie Afghanistan oder Tunesien, werden Flüchtlinge routinemäßig mit Gurten, Hand- und Fußfesseln und einem Beißschutz ruhig gestellt, also wie wilde Tiere behandelt. Immer öfter werden kranke und schwer traumatisierte Menschen abgeschoben.
Rücksichtslos werden Familien auseinandergerissen. Dazu ein aktuelles Beispiel aus Passau: Eine Familie soll nach Lettland abgeschoben werden.
(Armin-Paulus Hampel (AfD): Nach Lettland? – Dr. Alexander Gauland (AfD): Was haben die aus Lettland hier zu suchen?)
Die schwangere Frau wird in Abschiebehaft genommen, ihr Sohn im Vorschulalter bleibt allein zurück und wird ins Waisenhaus gebracht. Der Vater geht aus Angst vor der Abschiebung in die Illegalität. Das ist leider kein Einzelfall. Man könnte stundenlang weiter solche Beispiele nennen. Bei so viel Inhumanität ist eines klar: Christliche Werte können es nicht sein, die Sie mit Ihrem Werteunterricht vermitteln wollen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Und, meine Damen und Herren, relevanter als das Werkstattpapier ist ein Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht,
(Marian Wendt (CDU/CSU): Das hoffen wir doch!)
der aus dem Hause Seehofer stammt.
(Zuruf von der CDU/CSU: Kommt bald!)
Abschiebehaft soll exzessiv ausgeweitet werden – im Zweifelsfall ohne richterliche Anordnung.
(Marian Wendt (CDU/CSU): Das nennt man Durchsetzung des Rechts! Rechtsdurchsetzung!)
Abschiebehäftlinge sollen in normale Gefängnisse gesperrt werden – und dies, obwohl der Europäische Gerichtshof vor fünf Jahren eindeutig geurteilt hat, dass das ein klarer Verstoß gegen Europarecht ist.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schließlich sieht dieser Horrorkatalog auch drakonische Strafen für Ehrenamtliche und professionelle Flüchtlingshelfer vor, deren Handlungen – ich zitiere – „auf eine Behinderung der Durchsetzung der Ausreisepflicht zielen“.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel (AfD): Schlepper meinen Sie! Nennen Sie das richtige Wort!)
Ein Beispiel: Wer vorab Termine geplanter Sammelabschiebungen nach Afghanistan verbreitet, wer Proteste gegen Abschiebungen in den Krieg organisiert, soll mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden können.
(Beifall bei der AfD)
– Das passt zu Ihnen. – Das klingt arg nach ungarischen Verhältnissen, meine Damen und Herren von der AfD,
(Beatrix von Storch (AfD): Das wäre schön! – Armin-Paulus Hampel (AfD): Das wäre schön!)
und die wollen wir hier garantiert nicht haben.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da schweigt sogar die CDU!)
Meine Damen und Herren, akzeptieren Sie endlich, dass aus Krieg, Armut und politischer Verfolgung Geflüchtete gezwungen wurden, aus ihren Ländern zu fliehen, und häufig nicht zurückkehren können! Repressalien werden nicht zu höheren Ausreisezahlen führen. Das kann man einfach belegen, wenn man mal die Statistiken liest. Die Folgen werden eher sein: Entrechtung, Illegalisierung und Verelendung von Geflüchteten.
Glauben Sie mir: Tun Sie endlich was gegen Fluchtursachen, damit die Menschen nicht mehr flüchten müssen!
(Armin-Paulus Hampel (AfD): Das haben wir vor vier Jahren schon gesagt! Da haben Sie nicht zugehört!)
Sie liefern nach wie vor Waffen in totalitäre Staaten, die Kriege führen, und die Menschen kommen hierher. Tun Sie vor allen Dingen was für die Integration!
(Armin-Paulus Hampel (AfD): Das steht nicht im Asylgesetz! Auch nicht im Grundgesetz!)
Dann haben Sie für die Menschen, die geflohen sind, wirklich was Gutes getan.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)