„Seit November 2020 gibt es bundesweit eine Asylverfahrensberatung durch das BAMF. Im Koalitionsvertrag war eigentlich eine unabhängige, flächendeckende Beratung vereinbart worden, doch nun macht es das BAMF selber. Das ist für die Schutzsuchenden von Nachteil, denn das BAMF-Personal wird nur für jeweils kurze Zeiträume zur Beratungsarbeit eingesetzt, vor allem aber ist das BAMF als staatliche Stelle nicht unabhängig und die BAMF-Beratenden sind weiterhin in die reguläre Asylbearbeitung mit eingebunden. Zudem müssen die BAMF-Bediensteten laut Dienstanweisung ‚neutral‘ bleiben und dürfen wesentliche Aufgaben einer individuellen Beratung gar nicht erst übernehmen“, kommentiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur unabhängigen Asylverfahrensberatung. Die Abgeordnete weiter:
„Die BAMF-Bediensteten dürfen z.B. keine Rechtsberatung übernehmen, Schutzsuchende nicht zur Anhörung begleiteten und ihnen keine Einschätzung zu Erfolgschancen eines Antrags oder einer Klage geben. Sie dürfen auch nicht auf alternative aufenthaltsrechtliche Wege hinweisen, und es gibt durch sie keine sozial-psychologische Betreuung. In all diesen Fällen erfolgt allenfalls eine ‚Verweisberatung‘, so die Bundesregierung, es wird also auf andere Beratungsstellen oder Rechtsanwaltskammern verwiesen.
Die Beratung durch das BAMF, das wird immer deutlicher, ist ein Irrweg, der schnellstmöglich wieder verlassen werden muss! Die unabhängigen Wohlfahrtsverbände haben jahrelange Erfahrung in der Asylberatung, ihr Angebot wurde erfolgreich evaluiert und es hat nachweislich zur Verbesserung der Asylverfahren beigetragen. Obwohl die Wohlfahrtsverbände all das können, was das BAMF nicht leisten kann und darf, wird ihr Beratungsangebot staatlicherseits nicht finanziell abgesichert. Ganz im Gegenteil führte die neue BAMF-Beratung dazu, dass Fördermittel für die unabhängigen Beratungsstrukturen gekürzt wurden; weitere Kürzungen sind zu befürchten.
Es ist eine Unverschämtheit, dass die Bundesregierung behauptet, die Neuregelung zur Asylverfahrensberatung durch das BAMF sei in den ‚Gremien‘ des Bundestages hinreichend erörtert worden. Das glatte Gegenteil ist der Fall: Die Neuregelung wurde erst nach der diesbezüglichen Sachverständigen-Anhörung ins Gesetz mit aufgenommen und dann im Schnellverfahren zusammen mit zahlreichenden anderen Regelungen beschlossen. Und soweit sich unabhängige Sachverständige zu einem früheren Zeitpunkt zum Thema geäußert hatten, hatten sie sich einvernehmlich und eindringlich gegen eine Beratung durch das BAMF ausgesprochen.“
Die Kleine Anfrage kann hier eingesehen werden: KA 19_24098 Unabhängige Asylverfahrensberatung