209. Sitzung des Deutschen Bundestages am Donnerstag, den 11.02.2021 zu Tagesordnungspunkt 12.
a) TOP Koalition Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten „Entwurfs eines Gesetzes zur Erprobung weiterer elektronischer
Verfahren zur Erfüllung der besonderen Meldepflicht in Beherbergungsstätten“ auf Drucksache 19/26176, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) auf Drucksache 19/26603
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marcel Klinge, Manuel Höferlin, Michael Theurer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP „Digitale Signatur von Meldescheinen in Beherbergungsstätten – Bürokratie abbauen“ auf Drucksachen 19/9223, 19/26603
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Inneres und Heimat (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Markus Tressel, Stefan Schmidt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Hotelmeldepflicht abschaffen – Risiken für Datenmissbrauch verringern“ auf Drucksachen 19/12372, 19/16547
Ulla Jelpke (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalition will das Prinzip des Meldescheins, den Übernachtungsgäste in Hotels unterschreiben müssen, abändern. Künftig sollen weitere elektronische Verfahren, als heute schon möglich sind, die Speicherung von Daten vornehmen. Das Prinzip soll aber bleiben: Wer im Hotel übernachtet, muss Namen, Adresse und Geburtsdatum angeben, und die Hotels müssen diese Daten ein Jahr lang speichern, um einen späteren Zugriff der Polizei zu ermöglichen.
Wir sagen dagegen, wir brauchen überhaupt keine Meldescheine – weder papierne noch digitale. Diese Regelung ist unsinnig, bürokratisch, verstößt gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und gehört ersatzlos abgeschafft.
(Beifall bei der LINKEN)
Jedes Jahr werden schätzungsweise – wir haben es schon gehört – 150 Millionen Meldescheine unterzeichnet. Da lauten doch die wichtigsten Fragen: Wem nützt das? Dient diese Zettelwirtschaft tatsächlich der polizeilichen Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung? – Denn darum geht es ja angeblich. Fragt man die Bundesregierung, dann kann sie darauf keine Antwort geben. Dabei reden wir hier darüber, dass persönliche Daten von über 100 Millionen Menschen auf Vorrat gespeichert werden – ohne Anlass und praktisch ohne Zweckbindung. Die Digitalisierung macht es nicht besser, im Gegenteil; denn sie erleichtert den Missbrauch, sei es durch Behörden, Hacker oder Unternehmen, die mit Daten handeln.
Es gibt nur eine Gruppe mit einem berechtigten Interesse daran, dass bestimmte Daten von Gästen erhoben werden: Das sind die Hoteliers bzw. Pensionsbetreiber und diejenigen, die über die Hotels die Kurtaxe kassieren. Dieses Interesse ist so lange wichtig, bis die Gäste die Rechnung bezahlt haben. Danach gehören die Daten gelöscht.
Eine Bemerkung möchte ich noch zur Schengener Durchführungsverordnung machen. Sie sieht vor, dass Hoteliers bei ausländischen Gästen die Ausweise kontrollieren müssen. Diese Regelung muss erst recht weg. Sie führt nicht nur zu einer Diskriminierung ausländischer Touristen, sondern auch dazu, dass Beschäftigte in Hotelrezeptionen, die Ausweise kontrollieren, hoheitliche Aufgaben übernehmen. Deswegen sollte die Bundesregierung auf EU-Ebene unbedingt für eine Änderung dieser Bestimmung sorgen.
(Beifall bei der LINKEN)
Fazit: Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die bisherige Datenspeicherung irgendeinen Vorteil hat. Damit hat sie auch keine Rechtfertigung. Im Interesse der Hoteliers, der Übernachtungsgäste und des Datenschutzes sagen wir: Sie muss ersatzlos gestrichen werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)