„Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) setzt das EuGH-Urteil zum Flüchtlingsschutz für syrische Wehrdienstflüchtlinge vom 19. November 2021 offenkundig nicht um: Seit dem Urteil erhielten gerade einmal 5,7 Prozent der erwachsenen männlichen Asylsuchenden im wehrdienstpflichtigen Alter aus Syrien Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). 71 Prozent erhielten hingegen nur den eingeschränkten, subsidiären Schutzstatus. Dabei nimmt das BAMF eine beschönigende Lageeinschätzung zu Syrien vor, die dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes widerspricht. Das ist in jeder Beziehung inakzeptabel“, erklärt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zu der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Jelpke weiter:
„Dem EuGH zufolge droht Wehrdienstflüchtlingen aus Syrien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch den syrischen Staat. Ihnen muss deshalb ein GFK-Schutzstatus erteilt werden. Das BAMF verweigert nun die Umsetzung dieser höchstrichterlichen Vorgabe, indem es behauptet, es gebe eine ‚Normalisierung‘ in Syrien und Rückkehrer hätten ‚keine nennenswerten Schwierigkeiten‘ zu befürchten.
Das aber widerspricht eklatant dem jüngsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Syrien, wonach es willkürliche Verhaftungen und Folter bis zum Tod bei Rückkehrern gebe. Amnestieregelungen sind laut Lagebericht nahezu wirkungslos und Rückkehrer würden von Teilen der Sicherheitskräfte und Bevölkerung als ‚Feiglinge und Fahnenflüchtige, schlimmstenfalls sogar als Verräter bzw. Anhänger von Terroristen‘ angesehen.
Eigentlich sind die Lageberichte des Auswärtigen Amtes für die Entscheidungspraxis des BAMF von maßgeblicher Bedeutung. Hier aber wird der Lagebericht missachtet, damit der GFK-Schutzstatus verweigert und den Betroffenen in der Folge ein Recht auf Familiennachzug abgesprochen werden kann. Das ist einfach unerträglich.
Ich möchte wissen, ob Bundesinnenminister Seehofer diese Praxis des BAMF angeordnet hat oder ob das BAMF hier eigenmächtig handelt. Und was sagt das Auswärtige Amt dazu, dass das BAMF seine Lageeinschätzung in den Wind schlägt? Wir werden hierzu Aufklärung im Innenausschuss des Bundestages verlangen.“
Anfrage und Antwort können hier eingesehen werden: KA 19_26357 EuGH Wehrdienst Flüchtlinge