„Nach Angaben der Bundesregierung hatten Ende März 2021 17.988 Menschen eine Duldung für „Personen mit ungeklärter Identität“ nach § 60b AufenthG, auch Duldung ‚light‘ genannt – insgesamt leben knapp 240.000 Geduldete in Deutschland. Diesen 18.000 Personen wird unterstellt, dass sie ihre Abschiebung verhindern, indem sie über ihre Identität täuschen oder nicht an der Passbeschaffung mitwirken. Ob das stimmt, müssen die Gerichte im Einzelfall klären. Fest steht aber, dass in der aufgeheizten politischen Debatte bislang immer von einer viel größeren Zahl von Personen ausgegangen wurde, die angeblich ihre Abschiebung durch Identitätstäuschung verhindern würden. Tatsächlich handelt es sich allenfalls um eine kleine Minderheit der Geduldeten“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu Zahlen in der Bundesrepublik Deutschland lebender Flüchtlinge zum Stand 31. Dezember 2020. Die Abgeordnete weiter:
„Aus den Zahlen müssen politische Konsequenzen gezogen werden: Die meisten Menschen haben eine Duldung, weil ihre Abschiebung aus rechtlichen oder humanitären Gründen im Einzelfall oder wegen der kriegerischen Lage in ihrem Herkunftsland nicht möglich ist – so etwa bei der großen Gruppe afghanischer Geduldeter. Viele Berichte zur Abschiebungspraxis zeigen, dass der politische Abschiebedruck und die verschärften Gesetze immer häufiger zu äußerst inhumanen Ergebnissen führen, etwa wenn kranke oder hier geborene und aufgewachsene Menschen abgeschoben oder Familien auseinandergerissen werden. Wir brauchen eine Abkehr von dieser rücksichtslosen Politik: Bleiberecht statt Abschiebung muss die Devise lauten.
Die jetzt bekannt gewordenen Zahlen zur neuen Ausbildungsduldung nach § 60c AufenthG illustrieren zudem, wie gut Geflüchtete in der Gesellschaft ankommen – wenn man sie nur lässt. In nur kurzer Zeit erhielten 5.712 junge Menschen eine Ausbildungsduldung. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Duldungen, die nach alter Rechtsgrundlage zu Ausbildungszwecken erteilt, aber nicht als solche registriert wurden.
Die neue Beschäftigungsduldung nach § 60d AufentG war hingegen weniger erfolgreich: Nur 1.838 Personen verfügten Ende März 2021 über eine solche Duldung, zudem etwa 500 Familienangehörige. Schon im Gesetzgebungsverfahren wurde kritisiert, dass die Bedingungen für eine Beschäftigungsduldung viel zu hoch und kaum zu erreichen seien: Wie sollen Geduldete, die über Jahre hinweg in beengten Massenunterkünften zur Untätigkeit gezwungen wurden und denen ein Zugang zu Sprach- und Integrationskursen versagt wurde, angesichts der niedrigen Löhne in prekären Jobs sich und ihre Familien vollständig selbst ernähren können? Hier braucht es ein humanitäres Bleiberecht – auch und vor allem wegen der hier aufgewachsenen Kinder, die nicht nach Jahren des Aufenthalts in Deutschland in ein ihnen zumeist fremdes Land abgeschoben werden dürfen!“
Anfrage und Antwort können hier eingesehen werden: KA 19_26863
Antwort StT Nachfrage KA 19_26863_Duldungen 60bcd