„Ein Drittel aller Schutzsuchenden, zu denen der türkische Staat infolge der Festnahme eines – inzwischen freigesprochenen – Vertrauensanwalts der Deutschen Botschaft vertrauliche Kenntnisse über deren Asylverfahren in Deutschland erlangt hat, wurde vom BAMF abgelehnt. Insgesamt betraf dies 453 Asylsuchende, 76 wurden sogar noch nach Bekanntwerden der Festnahme des Anwalts abgelehnt. Die Bundesregierung kann oder will jedoch keine Auskunft dazu geben, wie viele dieser Menschen abgeschoben wurden und was ihnen gegebenenfalls in der Türkei widerfahren ist. Das ist inakzeptabel, denn deutsche Behörden sind für die zusätzliche Gefährdung dieser Personen verantwortlich“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung vom 13. April 2021 auf eine schriftliche Frage. Jelpke weiter:
„Die Bundesregierung will den Skandal klein halten: Zunächst wurde erklärt, weniger als 100 Flüchtlinge in Deutschland seien von dem Vorgang betroffen, doch inzwischen ist klar, dass es um fast 1.500 Menschen geht, die durch das fahrlässige Vorgehen der Bundesbehörden gefährdet wurden. Wie konnte es dazu kommen, dass der Vertrauensanwalt in der Türkei gleichzeitig über vertrauliche Informationen zu fast 1.500 Asylsuchenden in Deutschland verfügte? Dafür gibt es unverändert keine nachvollziehbare Erklärung – außer Schlamperei und Kontrollverlust des Auswärtigen Amtes, das von Rechercheanfragen des BAMF geradezu überhäuft wurde.
Viel schlimmer ist aber, dass sich die Bundesregierung im Nachhinein nicht mehr verantwortlich fühlt: Was ist mit den 453 Menschen passiert, die vom BAMF abgelehnt wurden und zu denen das Erdogan-Regime Details zu deren Asylverfahren in Deutschland erfahren hat? Droht den Betroffenen eine Abschiebung bzw. wie viele wurden womöglich schon abgeschoben? Wenn Betroffene in der Türkei Verfolgung erleiden mussten oder diese droht, dann steht die Bundesregierung in der Pflicht, sich für diese Menschen einzusetzen und sie zurückzuholen!“
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