Schon bevor der »Gipfel der Ungerechtigkeit« begonnen hat, herrscht an der Elbe der Ausnahmezustand. 38 Quadratkilometer Innenstadtgebiet wurden zur demokratiefeien Zone erklärt, in der nicht protestiert werden darf. Camps, in denen Gegner des G- 20-Gipfels übernachten können, werden untersagt oder mit schikanösen Auflagen belegt. Selbst wenn sie mühsam vor Gericht erstritten wurden, setzt sich die Polizei kurzerhand über ein Gerichtsurteil hinweg und verhindert gewaltsam den Aufbau der Zelte. Juristen sprechen bereits von einem Polizeiputsch gegen die Gewaltenteilung. Polizisten mit Maschinenpistolen stürmen die Wohnungen linker Aktivisten, weil sie sich in einem Zeitungsinterview positiv über Militanz geäußert haben sollen. Friedlich mit Musik feiernde Menschen in St. Pauli werden von der Straße gespült. Der renommierte Republikanische Anwaltsverein (RAV), dem selbst Hamburgs regierender Bürgermeister Olaf Scholz angehört, wird von der Polizei kurzerhand zur gefährlichen linksextremen Vereinigung erklärt. Der Hamburger Verfassungsschutz wiederum malt seit Monaten das Gespenst brandschatzender autonomer Horden an die Wand, die aus aller Welt an die Elbe strömen – wobei er jegliche Beweise schuldig bleibt. Zusätzlich veröffentlicht die Spitzelbehörde auf ihrer Website auch die Namen von Aktivisten aus legalen linken Zusammenhängen und Bündnissen in Hamburg als vermeintliche Rädelsführer des »gewaltorientierten Linksextremismus«.Das Signal, das der Hamburger Senat nebst Polizei und Geheimdienst hier aussendet, ist eindeutig. Es geht um Einschüchterung und Kriminalisierung. Protest gegen eine Weltordnung, in der die Reichen immer reicher und die Armen immer zahlreicher werden und Millionen auf der Flucht vor Terror und Kriegen sind, ist an der Elbe nicht willkommen. Auch wer friedlich demonstrieren will, sollte es sich drei Mal überlegen, denn er könnte seine Gesundheit riskieren. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass diese unterschwellige Botschaft ihre Wirkung verfehlt. Bereits Mitte der Woche sind die Straßen voller vor allem junger linker G-20-Gegner. Sie feiern, diskutieren, protestieren. Kirchen und das Schauspielhaus haben ihre Räumlichkeiten geöffnet, um ihnen Schlafplätze zu bieten.
Dabei sage keiner, Gewalttäter wären in Hamburg nicht willkommen. Wer wie der Kriegsbrandstifter Donald Trump oder der Kurdenmörder Tayyip Erdogan tatsächlich über Leichen geht, dem wird sogar der rote Teppich ausgerollt. Für die geladenen Despoten und Autokraten hat Hamburg ebenfalls eine Botschaft bereit: Auch wir können auf Polizeistaat machen und demokratische Proteste unterdrücken. Putin und Erdogan werden die Bundesregierung daran erinnern, wenn diese das nächste Mal mit mahnendem Zeigefinger von »westlichen Werten« schwadroniert.