Am 12. Oktober 2017 erklärte der Rat der EU mit Unterstützung der Bundesregierung in einer Schlussfolgerung zur Anwendung der EU-Grundrechtecharta, dass die `Grundrechte von … Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz auch dann geachtet werden müssen, wenn sich drängende Herausforderungen in den Bereichen Migration und Asyl stellen´. Das heißt, das Grundrecht auf Familienzusammenleben von subsidiär Geschützten darf nicht mit dem Hinweis auf angeblich zu große Belastungen ausgehebelt werden. Aber genau das geschieht bei der aktuellen Debatte um eine weitere Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten“, erklärt Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, zu einer Antwort des Bundesinnenministeriums vom 6. November 2017 auf eine schriftliche Frage. Die Abgeordnete weiter:
Die Bundesregierung sieht auf Anfrage hierin keinen Widerspruch, denn eine Aufnahme Familienangehöriger sei in dringenden humanitären Einzelfallen weiterhin möglich. Aber die Geltung von Grundrechten kann nicht mit der Begründung außer Kraft gesetzt werden, dass diese Rechte in Einzelfällen auch im humanitären Ermessen gewährt werden können: Ein Grundrecht ist kein Gnadenrecht! Zudem ist die Zahl bislang erteilter Ausnahmevisa zum Familiennachzug noch weniger als das berühmte Feigenblatt – bis September 2017 wurden bei zehntausenden Betroffenen gerade einmal 23 entsprechende Visa erteilt.
Die Bundesregierung verweigert zudem eine Aussage dazu, ob eine Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs über den März 2018 hinaus überhaupt mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit vereinbar wäre. Denn nach geltender Rechtslage können die Betroffenen bislang davon ausgehen, dass ab März nächsten Jahres der Familiennachzug wieder ermöglicht wird. Das Auswärtige Amt hatte zugesagt, entsprechende Visaanträge im Vorgriff auf diese Regelung ab Januar 2018 zu bearbeiten. Dass diese bisherigen Zusagen nicht mehr gelten sollen, obwohl die voraussichtlichen Fallzahlen weitaus geringer sind als von der Bundesregierung ursprünglich angenommen, ist nicht nur inhuman, sondern auch rechtsstaatswidrig. Die Union sollte sich schämen für ihren Versuch, Stimmen vom rechten Rand auf Kosten schutzbedürftiger Familien einzusammeln.
Die Anfrage und Antwort der Bundesregierung sind hier einzusehen: