Lange hatten Unionspolitiker Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) Verschleppung vorgeworfen. Dann ging es plötzlich ganz schnell. Am 26. September meldeten mehrere Zeitungen in großen Aufmachern die Warnung des Bundeskriminalamtes vor einem jungen deutschen Islam-Konvertiten, der gerade direkt aus einem pakistanischen Camp nach Deutschland eingereist sei. Die Bild-Zeitung porträtierte einen lachenden Jungislamisten im Kampfanzug mit Gewehr. Einen Tag später verkündete das Bundesjustizministerium in einer Presseerklärung, die Gesetzesverschärfungen seien nun kabinettsreif.
Konkret vorgesehen sind zwei neue Strafrechtsparagraphen 89a »Vorbereitung einer Gewalttat« und 91 »Anleitung und Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren Straftat«. Paragraph 89a zielt auf Einzelpersonen, die von den bisherigen Paragraphen 129 a und b Strafgesetzbuch über »terroristische Vereinigungen« bislang nicht erfaßt wurden. Auch gegen Einzelpersonen sollen die Ermittlungsbehörden umfassende Sondervollmachten etwa zur Überwachung der Telekommunikation oder von Wohnräumen in die Hand bekommen. Für die »Vorbereitung einer Gewalttat« drohen dann Haftstrafen bis zu zehn Jahren. Eine Guerillaausbildung, die Beschaffung von Waffen und Sprengstoffen für Anschläge, die Finanzierung solcher Aktionen durch den Kauf von Flugtickets oder die Anmietung von Wohnungen können dazu ebenso ausreichen wie das Einstellen von Bombenbauanleitungen ins Internet.
Beigelegt wurde nun die Differenz zwischen CDU/CSU und SPD darüber, ob schon der bloße Aufenthalt in einem »terroristischen Ausbildungslager« bestraft werden kann oder ob zuerst die konkrete Absicht zu einer Straftat nachgewiesen werden muß. »Allein der Umstand, daß jemand sich bestimmte Fertigkeiten beibringen läßt, die potentiell dazu genutzt werden können, terroristische Anschläge zu begehen, kann aus rechtsstaatlichen Gründen nicht ausreichen, um ihn oder sie zu bestrafen«, meint Zypries zwar weiterhin. Doch – so offenbar der Kompromiß mit Schäuble – solle schon der Aufenthalt in einem »Terrorcamp« ausreichen, um einen Anfangsverdacht für strafrechtliche Ermittlungen zu begründen. »Wir können doch nicht warten, bis die Straftat begangen ist«, stellte Schäuble jetzt erneut klar. »Eines Anschlagsvorsatzes bedarf es dabei nicht.«
Mit dem neuen Paragraph 91 StGB wird vor allem das Verbreiten oder das Anpreisen von »Anleitungen« zum Terror erfaßt und mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. Dabei soll es schon ausreichen, daß die jeweilige »Anleitung« »objektiv geeignet ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine Gewalttat mit staatsschutzrelevanter Zielsetzung zu begehen«, hatte das Bundesjustizministerium erklärt. Darunter kann also bereits ein Propagandavideo einer Guerillaorganisation wie der kolumbianischen FARC fallen.