Rede: Sicherheit ist keine Frage des Passes

Rede zu TOP 5 der 17. Sitzung des Deutschen Bundestages am 1.3.2018:

a) Beratung des Antrags der Fraktion der AfD Zuständigkeit des Bundes für die Abwehr von Gefahren Drucksache 19/932 Überweisungsvorschlag: Innenausschuss (f) A. f. Recht und Verbraucherschutz

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Roman Johannes Reusch, Martin Hess und der Fraktion der AfD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor ausländischen Gefährdern Drucksache 19/931


Ulla Jelpke (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier den Gesetzentwurf der AfD, der dem Schutz der Bevölkerung dienen soll. Doch die Einschränkungen finden schon im Titel statt. Es geht lediglich um den Schutz vor sogenannten ausländischen Gefährdern.

(Dr. Bernd Baumann (AfD): Rechtsbegriff!)

Dabei ist bekannt – das sollte auch die AfD wissen -, dass die meisten islamistischen Gefährder deutsche Staatsbürger sind. Hier zeigt sich wieder einmal die oberste Maxime der AfD: Immer schön das eigene rassistische Weltbild pflegen, egal wie die Realität aussieht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Forderungen der AfD laufen auf ein Sonderstrafrecht für Ausländer hinaus, und das lehnen wir ganz klar ab.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich ist es auch der Linken ein Anliegen, den Schutz der Bevölkerung durchzusetzen und darüber immer wieder Debatten zu führen. Aber, meine Damen und Herren, das kann doch nicht am Pass festgemacht werden, sondern nur an den Taten, die wirklich passieren. Die Damen und Herren der AfD missbrauchen hier eindeutig die Opfer des Anschlags auf dem Breitscheidplatz, um ihr rassistisches Süppchen zu kochen. Das ist einfach mies, kann ich hier nur sagen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder (SPD))

Nach allem, was wir bisher wissen, hat massives Behördenversagen den Anschlag ermöglicht. Gerade eben wurde vom Bundestag beschlossen, einen Untersuchungsausschuss dazu einzurichten, was ich sehr gut finde. Aber man muss einfach sagen: Die AfD hat hier gerade wieder deutlich gemacht, dass es ihr gar nicht um diese Fragestellung und um die Aufarbeitung geht, auch wenn sie zugestimmt hat. Insofern kann ich nur noch einmal deutlich sagen: Kümmern Sie sich wirklich um die entscheidenden Fragen, und hören Sie auf mit Ihrer permanenten Hetze.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die AfD fordert darüber hinaus, ausländische Gefährder zeitlich unbegrenzt inhaftieren zu können. Ich möchte einmal daran erinnern: Gefährder sind Menschen, von denen die Polizei lediglich annimmt, dass sie eine Straftat begehen könnten. Aber eine Inhaftierung auf Grundlage einer bloßen Vermutung ist schlichtweg nicht mit dem Rechtsstaat vereinbar.

(Beifall bei der LINKEN – Beatrix von Storch (AfD): Wie bei psychisch Kranken! Da geht das!)

– Es ist mit dem Rechtsstaat nicht vereinbar, Frau Storch, auch wenn Sie jetzt dazwischenrufen.

(Beatrix von Storch (AfD): Aber bei den Kranken ist es das?)

Allerdings knüpft die AfD hier in der Tat – das haben wir ja eben in der Debatte schon gehört; Herr Mayer hat es hier vorgetragen – an die Gesetzesverschärfungen der Großen Koalition an; denn die Überwachung durch elektronische Fußfesseln und zeitlich unbegrenzte Abschiebehaft für ausländische Gefährder sind jetzt schon möglich. Aber auch wir finden diese Maßnahmen rechtsstaatlich hoch bedenklich.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, bereits mit der Überschrift Ihres Gesetzentwurfes betreiben Sie Etikettenschwindel; denn es geht Ihnen mitnichten nur um sogenannte Gefährder. Sie fordern vielmehr eine wöchentliche Meldepflicht für alle Ausländer, für die eine Ausweisungsverfügung oder Abschiebungsanordnung vorliegt. Das kann übrigens schon jetzt bei schweren Delikten erfolgen. Die AfD will diese Maßnahmen auf etwa 30 000 Menschen ausdehnen. Viele von ihnen haben Bagatelldelikte begangen. Das ist einfach nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen wird die Polizei Ihnen einen Vogel zeigen; denn hierfür ist ein enormer bürokratischer Mehraufwand notwendig.

Zum Schluss möchte ich noch einmal aus Ihren Abschiebegründen zitieren. In dem Antrag der AfD heißt es: Auszuweisen ist, wer zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft oder Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift.

(Christian Lindner (FDP): Um Gottes willen! -Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die AfD ausweisen!)

Da kennt sich die AfD besonders gut aus. Deswegen – haben Sie keine Sorge – würde ich Sie nicht abschieben wollen. Nicht Rassisten raus, sondern Rassismus raus aus den Köpfen. Das muss das Ziel sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)