Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in den letzten Jahren 51 Projekte im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ überprüft, um einem vermeintlichen „Extremismusverdacht“ nachzugehen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor. Offenbar wurden dabei nicht nur öffentlich zugängliche Quellen genutzt, sondern auch spezifisch geheimdienstliche Mittel. Was der konkrete Anlass für die Bespitzelung war, teilt die Bundesregierung nicht. Auch wenn in keinem einzigen Fall den Projekten die Förderung gestrichen wurde: Es ist aus meiner Sicht ungeheuerlich, dass Projekte, die sich gegen Neonazis und/oder Islamisten wenden, vom Geheimdienst bespitzelt werden.
Bundestag
Ist, wer sich gegen Nazis und Islamisten engagiert, ein Fall für den Verfassungsschutz? Der Inlandsgeheimdienst hat in den letzten Jahren 51 Projekte unter die Lupe genommen, die sich um Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben“ beworben haben. Darunter waren Projekte gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus wie auch gegen Islamismus.
Dass solche Projekte, wenngleich vom Staat gefördert, zugleich Objekt staatlichen Misstrauens sind, ist nichts Neues. Grund dafür ist vor allem die Tatsache, dass der Kampf gegen Rechtsaußen, wenn er denn erfolgreich geführt werden soll, über den engen Tellerrand der „Extremismustheorie“ hinausblicken muss, und zwar auf die sogenannte Mitte der Gesellschaft, in der Rassismus, Sozialdarwinismus, Homophobie, antimuslimischer Rassismus, Antiziganismus usw. schon lange zum üblichen Repertoire gehören. Von Konservativen wird dieser Ansatz natürlich nicht gelitten, weil sie damit selbst in den Fokus geraten.
Noch ärger ist es bei der AfD. Kein Wunder, ist sie doch ganz offensichtlich nicht nur „rechtspopulistisch“, sondern in vielen Bereichen ganz offen anschlussfähig an neonazistische Denkmuster, wie Holocaust-Leugnungen, die Forderung nach einem Schießbefehl gegen Flüchtlinge oder die ständige Hetze gegen Einwanderer nur allzu deutlich zeigen. Projekte gegen Rechtsextremismus, die sich gegen rassistische Hetze, Abwertung, Entrechtung und Gewalt und für Respekt gegenüber Kulturen, Religionen und Einstellungen einsetzen, die aus nationalkonservativer Sicht „entartet“ sind (auch dieses Wort fiel im Bundestag bereits wieder), sind natürliche Feinde der AfD. Und so unterstellt sie neuerdings in Landtagen und im Bundestag, die staatlich geförderten Programme seien „linksextremistisch“ unterwandert.
In einer Anfrage (PDF) hat jetzt die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag konkret wissen wollen: Wie viele Programme wurden überprüft, und mit welchem Ergebnis?
Die Antwort: 51 Projekte sind seit 2004 vom Verfassungsschutz überprüft worden. In keinem einzigen Fall hatte die Überprüfung eine Streichung oder auch nur Kürzung der Fördermittel zur Folge. Diese Information ist einerseits beruhigend, zeigt sie doch, dass an der Hetze der AfD gegen die Projekte nichts dran ist. Beunruhigend ist aber, dass der Geheimdienst überhaupt auf die Projekte angesetzt worden ist. Die Kriterien dafür verrät die Bundesregierung nämlich nicht. Weder ist bekannt, wer oder was den Ausschlag für die Kontrolle gab, noch wie intensiv geprüft wurde. Aber die Wortwahl der Bundesregierung lässt vermuten, dass nicht nur öffentliche Quellen genutzt, sondern auch geheimdienstliche Mittel eingesetzt worden sind. Eine wenigstens nachträgliche Information der Betroffenen ist nicht erfolgt.
Gerade für Projekte, die sich kritisch mit rassistischen und anderen demokratiefeindlichen Tendenzen der bürgerlichen Demokratie auseinandersetzen, bedeutet diese Praxis eine latente Verunsicherung. Für die Fraktion DIE LINKE ist deswegen ganz klar: Wir brauchen ein klares gesellschaftliches Signal, dass der Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus nicht „extremistisch“ ist, sondern ein demokratisches Muss. Eine Bespitzelung demokratischer Projekte darf es nicht geben!
Die Antwort hier zum Download:
1902086 Überprüfung der Demokratieprojekte