In der Bundestagsdebatte zum Etat des Bundesinnenministeriumsam Montag nachmittag gab Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) erstmals zu erkennen, daß er mit einem Scheitern seines umstrittenen BKA-Gesetzes rechnet. Schäuble erklärte, dann bleibe eben die Zuständigkeit für die »Terrorismusabwehr« bei den Bundesländern. Der Bundesrat befaßt sich am Freitag mit diesem Gesetz, das dem Bundeskriminalamt weitreichende Eingriffsbefugnisse wie heimliche Online-Durchsuchungen und Spähangriffe auf Wohnungen geben soll. Dagegen gibt es Widerstand in den von Linken, FDP und Grünen mitregierten Ländern, Auch Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo CDU und SPD gemeinsam regieren, wollen dem Gesetz nicht zustimmen, so daß es voraussichtlich zu einem Vermittlungsverfahren kommen wird. Der CDU-Abgeordnete Michael Luther warf den Gegnern des Gesetzes indirekt vor, sie hätten dann die Verantwortung für künftige Terroranschläge. FDP, Linke und Grüne hielten Schäuble ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat vor, weil er die Abstimmungsregeln im Bundesrat zugunsten der großen Parteien ändern wolle.
Die Linkspartei bezeichnete Schäubles Haushalt als zahlenmäßigen Ausdruck des Überwachungsstaates. Der Innenetat steigt um 550 Millionen auf rund 5,62 Milliarden Euro an. Das bedeutet einen Zuwachs um 10,9 Prozent. Die Linke kritisierte, daß die zusätzlichen Gelder hauptsächlich für Repressionsmaßnahmen verwendet werden. Deren Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau betonte, daß CDU/CSU und SPD den Rechtsstaat immer mehr in Richtung Präventionsstaat verändern, was mit erheblichen Eingriffen in die Bürgerrechte einhergehe.
FDP, Linke und Grüne warfen Schäuble vor, nach den Datenschutzskandalen bei der Telekom und anderen Privatunternehmen zwar einen »Datenschutzgipfel« abgehalten, außer vollmundigen Ankündigungen jedoch keine Verbesserungen auf den Weg gebracht zu haben.
Die Linke kritisierte außerdem, daß das Innenministerium die revanchistische Politik der »Vertriebenenverbände« finanziell unterstützt. Dagegen sei die Bundesregierung beim Kampf gegen den Rechtsextremismus nahezu untätig. Auch eine Beobachtungsstelle gegen Rassismus lasse immer noch auf sich warten.
Keine Antwort gab Schäuble in der Debatte auf die Forderungen der Linken, endlich irakische Flüchtlinge aufzunehmen. Bisher hat sich die Bundesregierung immer damit herausgeredet, daß dies Sache der Europäischen Union sei. Auf EU-Ebene wird eine Entscheidung jedoch seit Monaten hinausgeschoben. Heute befaßt sich der EU-Ministerrat erneut damit. Die Linkspartei verlangte, daß die Bundesregierung selbst tätig werde. Eine Aufklärungsmission der EU in Flüchtlingslagern in Syrien und Jordanien habe ergeben, daß mindestens 75000 irakische Flüchtlinge dauerhaft Aufnahme in Staaten außerhalb der Region finden müßten.