Ermittlungen gegen rechte Polizisten
Kommentar von Ulla Jelpke in junge Welt vom 19.12.2018Das hessische Landeskriminalamt ermittelt gegen ein rechtsextremes Netzwerk in der Polizei. Fünf Beamte des Frankfurter 1. Reviers wurden bereits vom Dienst suspendiert. Sie sollen über einen Messengerdienst nicht nur rassistische und neonazistische Bilder, Texte und Videos ausgetauscht haben, sondern auch im Verdacht stehen, die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz, die als Nebenklagevertreterin im NSU-Verfahren auftrat, in einem Fax bedroht zu haben. Ihr wurde in dem mit »NSU 2.0« unterzeichneten Schreiben damit gedroht, ihre zweijährige Tochter zu »schlachten«, sollte sie Deutschland nicht verlassen. Angegeben war die genaue Wohnadresse der Familie, die zuvor vom Dienstcomputer eines der nun suspendierten Beamten abgefragt worden war.
Dokumentierte rechtsextreme Vorfälle in der Polizei häufen sich. Im bayerischen Rosenheim wurden kürzlich Ermittlungen gegen Polizeibeamte aufgenommen, die den Hitlergruß zeigten. Auf einer Pegida-Demo in Dresden pöbelte ein »Wutbürger« rabiat gegen Journalisten – später stellte sich heraus, dass er Mitarbeiter des sächsischen Landeskriminalamtes war.
Alles nur Einzelfälle, wiegeln Innenminister und Polizeigewerkschafter gerne ab. Dass viele Angehörige des Sicherheitsapparates aus Polizei und Geheimdiensten, aber auch der Bundeswehr eher zu rechten Parteien und Weltanschauungen tendieren, die Law-and-Order groß schreiben, ist kein Geheimnis. Und die Causa Maaßen beim Verfassungsschutz zeigte, dass Personen mit einer solchen Überzeugung bis an die Spitze der Apparate gelangen können. Das Problem wird noch dadurch verschärft, dass rechte Polizeibeamte aus einem falsch verstandenem Korpsgeist von ihren Kollegen gedeckt und rechtsextreme Exzesse unter den Teppich gekehrt werden. Polizeibeamte, die derartige Umtriebe von Kollegen weder billigen noch ignorieren, sondern anzeigen, müssen damit rechnen, gemobbt und bedroht werden.
Mit ausreichendem qualifiziertem Personal und Ermittlungsbefugnissen ausgestattete unabhängige Beschwerdestellen, bei denen Bürger und Polizeibeamte Meldungen über Fehlverhalten von Polizisten machen könnten, würden da schon weiterhelfen. Solange aber Polizisten gegen die eigenen Kollegen ermitteln müssen, wird dies nur dann geschehen, wenn sich ein rechtsextremes Vorkommnis oder ein Gewaltexzess nicht mehr unter den Teppich kehren lässt. Denn eine Krähe hackt der anderen bekanntlich kein Auge aus. Die nach der NSU-Affäre vollmundig verkündeten Lehren bezüglich einer verstärkten Sensibilisierung der Sicherheitsbehörden für Rechtsextremismus entpuppen sich so als bloße Lippenbekenntnisse. Wer aber keine ernsthaften Konsequenzen aus NSU 1.0 ziehen will, der darf sich über das Auftauchen eines NSU 2.0 nicht wundern.
Die Autorin ist innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag