Gegen den Protest von FDP, LINKEN und Bündnis 90/Die Grünen haben die Regierungsfraktionen in der Innenausschuss-Sitzung vom vergangenen Mittwoch nach kurzfristiger Ankündigung beschlossen, am heutigen Montag eine Sachverständigen-Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Entfristung des Integrationsgesetzes stattfinden zu lassen.
Dieses extrem kurzfristige Vorgehen widerspricht einem geregelten parlamentarischen Verfahren. Eine gründliche Befassung der Sachverständigen mit dem Gesetzentwurf ist in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die drei Obfrauen der FDP, der LINKEN und von Bündnis 90/Die Grünen, Linda Teuteberg, Ulla Jelpke und Filiz Polat erklären deshalb gemeinsam, dass sie dieses mit guter Gesetzgebung unvereinbare Vorgehen nicht mittragen und daher keine Sachverständigen benennen und nicht an der einseitig beschlossenen Anhörung teilnehmen werden.
Stattdessen werden sie in der nächsten Sitzung des Innenausschusses erneut eine Anhörung zu diesem Gesetz beantragen, die dann im geregelten Verfahren und in aller Sorgfalt von statten gehen soll.
Nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (vgl. § 70 GO-BT) gibt es ein Recht auf Durchführung einer öffentlichen Anhörung, wenn mindestens ein Viertel der Abgeordneten dies verlangt. Die drei Fraktionen erfüllen dieses Quorum. Eine solche Anhörung muss in einem zumutbaren zeitlichen Rahmen verlaufen und eine gründliche Beratung eines Gesetzentwurfs ermöglichen.
Als die Koalition vorige Woche die Anhörung beschloss, war der Gesetzentwurf dem Innenausschuss noch gar nicht überwiesen worden, wie es die Geschäftsordnung des Bundestages verlangt. Das Minderheiten-Recht auf Durchführung einer Sachverständigen-Anhörung besteht somit weiterhin.
Unabhängig von der zum Teil unterschiedlichen inhaltlichen Bewertung des Integrationsgesetzes erklären die drei Obfrauen:
Linda Teuteberg:
„Wir wollen dringend eine bessere Ordnung und Steuerung von Migration und einen breiten gesellschaftlichen Konsens erreichen. Dafür brauchen wir jedoch gute Gesetzgebung und die Möglichkeit einer offenen Debatte. Das macht die Koalition mit ihrem überhasteten und unparlamentarischen Vorgehen unmöglich. Wir machen deshalb von unseren Oppositionsrechten Gebrauch, um hier die Notbremse zu ziehen.“
Ulla Jelpke:
„Die Selbstherrlichkeit, mit der die Koalition Fachverbände und die Opposition vor den Kopf stößt, ist unerträglich. Ein solcher parlamentarischer Schweinsgalopp zeigt, dass die Koalition kein Interesse an unabhängigen sachverständigen Stellungnahmen hat und das parlamentarische Verfahren offenbar für eine Pflichtveranstaltung hält. Dass dabei dann überaus schlechte Gesetze herauskommen, verwundert nicht.“
Filiz Polat:
„Dieses Hau-Ruck-Verfahren zur Entfristung des Integrationsgesetzes ist eine Missachtung parlamentarischer Abläufe und einer sachgemäßen Gesetzesberatung nicht angemessen. Es ist unzumutbar, Sachverständige mit solch kurzen Fristen zu konfrontieren, die ein sorgfältiges Arbeiten unmöglich machen.
Die durch das Integrationsgesetz eingeführte Wohnsitzregelung wird entfristet und damit dauerhaft geltendes Recht, ohne diese Regelung je richtig evaluiert zu haben. Diese Einschränkung der Freizügigkeit von international Schutzberechtigten darf die Bundesregierung nicht im Eiltempo durchgepeitschten.“