Trotz ihrer sowohl mit der russischen wie auch der US-Regierung vereinbarten Waffenstillstandsabkommen setzt die Türkei ihren Angriffskrieg auf Nordsyrien in der vierten Woche fort. Die Speerspitze der Invasionstruppen bildet eine unter türkischer Führung geschaffene Söldnerformation namens Syrische Nationalarmee, der eine Vielzahl dschihadistischer Kampfgruppen einschließlich ehemaliger Al-Qaida- und IS-Kämpfer angehören. Eine dieser Kopfabschneidertruppen, die anfangs von Saudi-Arabien finanziert wurden und nach ihrer Evakuierung aus dem Umland von Damaskus in der türkisch geführten Söldnerarmee aufgingen, ist Dschaich-Al-Islam. Erstmals machte dieser Kampfverband 2015 von sich reden, als er Angehörige der alawitischen Religionsgemeinschaft in Metallkäfigen auf öffentlichen Plätze als lebende Schutzschilde gegen Luftangriffe der Regierungstruppen zur Schau stellte. Weitere »Spezialitäten« der Terrorgruppe sind Folter mit Elektroschockern sowie Massenhinrichtungen von Gefangenen.Inzwischen hat die Dschaich-Al-Islam technisch aufgerüstet. Neben den hinlänglich bekannten weißen Toyota-Pickups verfügt die Truppe mittlerweile über Panzer. Stolz präsentierte die Kampfgruppe am Mittwoch auf ihrer Website ein Video eines mit »alman« Militärtechnik durchgeführten Angriffs auf ein syrisches Dorf nahe der bereits türkisch besetzten Grenzstadt Ras Al-Ain. Deutlich zu erkennen ist, wie die mit einem Schützenpanzer vorrückenden Dschihadisten von einem »Leopard 2«-Kampfpanzer der türkischen Armee begleitet werden.
Noch 1999 drohte die damalige SPD-Grünen-Regierung fast an der Lieferung eines ersten »Leopard 2«-Testpanzers an die Türkei zu zerbrechen. Doch in den letzten Amtstagen der bereits abgewählten Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joseph Fischer (Grüne) waren die Grünen nicht mehr so skrupulös. So segnete der Bundessicherheitsrat im Oktober 2005 den Export von rund 300 Stück an die Türkei ab. Das Land unter der Regierung von Recep Tayyip Erdogan überzeuge mit Reformen, hieß es rechtfertigend aus dem Auswärtigen Amt. Die einzige Auflage für den Deal bestand in der Einschränkung, dass die Panzer nicht an Drittstaaten verkauft werden dürfen. Ihr Einsatz bei Invasionen in Nachbarstaaten war damit ebenso vertraglich abgedeckt wie der gegen kurdische Aufständische im eigenen Land.
»Leopard«-Panzer kamen bereits bei der Besetzung des syrisch-kurdischen Kantons Afrin im Winter 2018 zum Einsatz und rollen nun wieder in einem selbst von Bundesregierung als »nicht völkerrechtskonform« angesehenen Angriffskrieg gegen Syrien. Konsequenzen hat das keine. Selbst jetzt, wo die Panzer als Kavallerie für Ankaras dschihadistische Mordbrenner dienen, will die Bundesregierung keinen umfassenden Waffenlieferungsstopp gegen die NATO-Partnerin verhängen.