„Die Europäische Union verfügt über mehrere Mechanismen, Instrumente und Fördermittel für eine zivile Seenotrettungsmission im Mittelmeer, die nur aktiviert werden müssen. Das belegt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, das wir beauftragt haben. Jetzt liegt der Ball bei der Bundesregierung“, schreiben vier Abgeordnete der Bundestagsfraktion DIE LINKE. in einer gemeinsamen Erklärung.
Das Ertrinken von Flüchtlingen im Mittelmeer fällt unter den Begriff der „Krise“. Davon betroffene Mitgliedstaaten können deshalb den EU-Mechanismus für den Katastrophenschutz (IPCR) aktivieren. Dies beträfe Malta und Italien, in deren Seenotrettungszonen zahlreiche Unglücke geschehen. Anschließend können die Regierungen weitere Instrumente und Fördermittel nutzen, darunter das rescEU-Programm. Es leistet Mitgliedstaaten in „Überforderungssituationen“ Hilfe und unterstützt sie mit Ausrüstung oder „Transportressourcen“.
Gökay Akbulut, Michel Brandt, Andrej Hunko und Ulla Jelpke weiter:
„Um zivile Rettungsschiffe zu schicken, muss die EU das Ertrinkenlassen im Mittelmeer also nur als Krise definieren. Wir fragen uns, warum dies angesichts Tausender Toter nicht längst passiert.
Neben Angela Merkel sprechen sich Fraktionen im Bundestag für eine staatlich organisierte Mission aus. Auch die von der Bundesregierung am 23. September 2019 mitunterzeichnete EU-Absichtserklärung über ein ‚kontrolliertes Notfallverfahren‘ nennt eine Verpflichtung zur Seenotrettung. In einer Kleinen Anfrage haben wir uns deshalb erkundigt, wie der Vorschlag der Bundeskanzlerin weiterverfolgt wird.
Laut der Antwort des Auswärtigen Amtes rudert die Bundesregierung aber zurück. Weder wurden Umsetzungsmöglichkeiten geprüft, noch setzt sich die Bundesregierung in Verhandlungen für neue EU-Fonds dafür ein, weitere Mittel für Such- und Rettungseinsätze einzuplanen. Die Frage, ob die Bundesregierung nach Beschluss einer EU-Seenotrettungsmission eigene Schiffe oder Ausrüstung beisteuert, wird sogar als ‚hypothetisch‘ bezeichnet. Diese Teilnahmslosigkeit ist für uns erschütternd, für die Geflüchteten im Mittelmeer ist sie tödlich. Die Bundesregierung trägt hierfür die Verantwortung.“
Kleine Anfrage von Gökay Akbulut (migrationspolitische Sprecherin), Michel Brandt (Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe), Andrej Hunko (europapolitischer Sprecher) und Ulla Jelpke (innenpolitische Sprecherin):
1916975 Möglichkeiten für eine EU-Seenotrettungsmission im MIttelmeer
Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes:
WD_PE 6-094-19_Staatliche_zivile_EU-Seenotrettung