„Die ehemalige Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen wurde wegen Asylentscheidungen angeklagt, bei denen völlig zu Recht ein Schutzstatus erteilt wurde – das ist absurd und unhaltbar. Nach Feststellung der Verwaltungsgerichte hat die angeklagte Beamtin in vielen Fällen, die ihr zur Last gelegt werden, rechtmäßig gehandelt. Es ist absolut inakzeptabel, dass das BAMF der Bremer Staatsanwaltschaft und dem Gericht diese Information nicht von sich aus mitgeteilt hat, obwohl dies die Beamtin erheblich entlastet. Der schnellen Vorverurteilung und Rufschädigung durch die Spitze des BMI und des BAMF folgt nun noch eine Behinderung der Justiz – das ist der eigentliche Skandal“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke. Die Abgeordnete weiter:
„In nur einem einzigen Fall ist der Angeklagten inzwischen Akteneinsicht gewährt worden, in allen anderen Fällen wird ihr dies trotz zahlreicher intensiver Bemühungen mit fadenscheinigen Gründen verwehrt. Zudem stellte sich heraus, dass die Bremer Staatsanwaltschaft selbst keine umfangreiche Akteneinsicht in die strittigen Fälle genommen, sondern sich stattdessen auf die Zuarbeiten und Bewertungen des BAMF verlassen hat. Das ist unverantwortlich, denn eine unabhängige Überprüfung der damaligen Bremer Entscheidungen durch die Verwaltungsgerichte ergibt in aller Regel, dass den betroffenen Geflüchteten zu Recht ein Schutzstatus erteilt wurde und dass vielmehr die spätere Rücknahme dieser Entscheidungen rechtswidrig war.
Das war in dem Fall der erstmalig gewährten Akteneinsicht so, und das ergab sich zuvor bereits aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion: 65 von 71 in den Jahren 2018 bis 2020 von den Gerichten inhaltlich überprüften Rücknahmen waren rechtswidrig, in anderen Worten: in mehr als neun von zehn Fällen bestätigten die Verwaltungsgerichte die Richtigkeit der fälschlich inkriminierten positiven Entscheidungen aus Bremen (Bundestagsdrucksache 19/22842, Antwort zu Frage 8b).
Die damalige Leiterin in Bremen war mit ihrer liberalen Entscheidungspraxis offenkundig näher am Recht als die inquisitorischen Scharfmacher, die mit einem schier unglaublichen Personal- und Zeitaufwand jede einzelne Entscheidung aus Bremen akribisch noch einmal untersucht haben. Auch grundsätzlich wurde ihr Vorgehen von den Gerichten umfassend bestätigt: Zu Recht veranlasste sie insbesondere einen Schutzstatus für in Bulgarien bereits anerkannte jesidische Flüchtlinge, weil sie in Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung zu erwarten gehabt hätten.
Schon bei Bekanntwerden der ersten Vorwürfe vor zweieinhalb Jahren beklagte ich, dass offenbar eine unliebsame Mitarbeiterin des BAMF wegen ihrer liberalen Entscheidungspraxis an den Pranger gestellt werden sollte und kritisierte Medien, die mit reißerischen Überschriften ungeprüft einen vermeintlichen Skandal herbeigeschrieben haben. Wieso werden eigentlich nicht diejenigen strafrechtlich verfolgt und von den Medien kritisiert, die schutzbedürftigen Flüchtlingen zu Unrecht Schutz versagt haben und die damit für entsprechende Menschenrechtsverletzungen zumindest indirekt verantwortlich sind?“