„Sogenannte Botschaftsanhörungen dienen nur einem Zweck, nämlich mehr Abschiebungen. Zwar ist die Anzahl der Anhörungen zum Zwecke der Passersatzbeschaffung in diesem Jahr deutlich zurückgegangen, doch jede dieser ominösen Vorladungen ist eine zu viel. Die Verfahren sind intransparent und die Betroffenen beklagen immer wieder Eingriffe in ihre Rechte“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Praxis von Botschaftsanhörungen zur Passersatzbeschaffung und der menschenrechtlichen Situation in Guinea. Die Kleine Anfrage ergab zudem, dass die am meisten vorgeladenen Personen der letzten Jahre aus Nigeria und Ghana kamen. Jelpke weiter:
„Inmitten der Corona-Pandemie schieben Bund und Länder weiter munter ab. Dabei forcieren sie seit kurzem auch wieder Abschiebungen nach Guinea. Dabei ist die menschenrechtliche Lage in dem Land besorgniserregend, und das extrem arme Land hat aktuell gegen die Ausbreitung des Corona-Virus zu kämpfen. Abschiebungen nach Guinea sind völlig verantwortungslos, denn sie stellen eine ernstzunehmende Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Abgeschobenen dar.
Seit Anfang Oktober erhalten ausreisepflichtige guineische Staatsangehörige oder Personen, die dafür gehalten werden, Vorladungen zur Vorführung bei sogenannten Vertretern der guineischen Botschaft in der Zentralen Ausländerbehörde in Essen. Dabei wurden Zivilisten bei Protesten in Guinea in den vergangenen Monaten immer wieder von guineischen Verteidigungs- und Sicherheitskräften getötet, verletzt oder willkürlich inhaftiert. Doch das interessiert die Bundesregierung nicht, die gerne eng mit mutmaßlichen Herkunftsländern zusammenarbeitet, solange das Ergebnis mehr Abschiebungen bedeutet.
Betroffene berichten, dass sich unter den in Essen Vorgeladenen auch zahlreiche Personen in Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnissen, die in Bäckereien oder der Pflege arbeiten, sowie kranke Personen befinden. Viele Geflüchtete mit prekärem Aufenthaltsstatus sind nun in großer Angst. Die Bundesregierung sollte ihre Ausgaben für Anhörungen lieber in Sprach- und Integrationskurse stecken. Nötig ist ein genereller Abschiebestopp!“
Die Kleine Anfrage kann hier eingesehen werden: KA 19_24323 Botschaftsanhörungen Guinea