Kritik am Programmentwurf der Parteivorsitzenden der LINKEN
Beitrag von Ulla Jelpke in Sozialistische Zeitung – Soz Nr. 03/2021 |
Die scheidenden Vorsitzenden der Linkspartei, Bernd Riexinger und Katja Kipping, haben ohne vorherige Konsultation der Bundesarbeitsgemeinschaften einen Entwurf für ein Programm zur Bundestagswahl vorgelegt.
Wie schon frühere Wahlprogramme liest sich der fast 140 Seiten lange Text wie ein Wunschzettel, der viel Richtiges enthält.
Zu Recht weisen Kommentatoren in der bürgerlichen Presse allerdings daraufhin, dass sich die Frage der Regierungsfähigkeit der Linkspartei auf Bundesebene nicht an der Höhe des geforderten Mindestlohns entscheiden wird, sondern von außenpolitischen Positionen abhängt. Gemeint ist die Haltung der LINKEN zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr und zur Aufrüstung der EU, zur NATO und deren Einkreisungspolitik gegenüber Russland und China und ihre Solidarität mit sozialistischen oder antiimperialistisch orientierten Staaten wie Kuba und Venezuela.
Gerade in diesem Punkten fallen im Riexinger-Kipping-Entwurf Auslassungen und Rechtsverschiebungen gegenüber dem Bundestagswahlprogramm von 2017 ins Auge. Hieß es vor vier Jahren noch: «Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen zurückgezogen werden und darf nicht in neue Auslandseinsätze entsandt werden», so fehlt im vorliegenden Entwurf der entscheidende zweite Halbsatz. Angesichts des kürzlich erfolgten Vorstoßes des LINKEN-Abgeordneten Matthias Höhn für mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr mit UN-Mandat erscheint diese Auslassung nicht als Lappalie.
Wo das Programm von 2017 noch klare Kante gegen die Konfrontationspolitik der NATO gegenüber Russland zeigte, übt sich der aktuelle Entwurf in Äquidistanz. Im Einklang mit Programmen der Grünen wird zwar ein Ende des US-Drohnenkrieges von deutschem Boden aus gefordert, doch die 2017 noch enthaltene Forderung nach Schließung der US-Basen und einem Abzug der US-Truppen aus Deutschland fehlt.
Die richtige Absage, Ausgaben mit militärischen Bezügen aus dem EU-Haushalt zu finanzieren, wird im EU-Kapitel wieder dahingehend relativiert, dass man nur «weniger Geld für Aufrüstung und mehr Geld für öffentliche Investitionen» ausgeben wolle. Punktete die LINKE 2017 noch mit der Forderung nach einem Verbot aller Rüstungsexporte, so wird dieses Ziel im vorliegenden Entwurf mit der Formulierung: «Perspektivisch wollen wir alle Rüstungsexporte aus Deutschland einstellen» auf die lange Bank geschoben. Auch das 2017 noch zu findende Bekenntnis zur Solidarität mit dem sozialistischen Kuba oder mit Venezuela fehlt jetzt.
Auf erste Kritik am Programmentwurf hat Riexinger mit einem Beitrag in der jungen Welt reagiert. Darin versichert er: «Wir sind gegen jegliche Auslandseinsätze der Bundeswehr, und wir werden uns an keiner Regierung beteiligen, die aufrüstet und auf Militarisierung setzt.» Diese Klarheit ergibt sich aus dem von Riexinger mit zu verantwortenden Programmentwurf leider nicht.
Die Mitgliedschaft der Linkspartei sei daher aufgerufen, sich in der weiteren Programmdebatte keinen Sand in die Augen streuen zu lassen, sondern auf die klare Benennung der friedenspolitischen Grundsätze zu pochen.