Mit den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfen zur Verfolgung der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Straftaten wird ein »illegitimes Feindstrafrecht« geschaffen. Dies ist das Fazit der Bonner Rechtswissenschaftlerin Katrin Gierhake, die am Mittwoch nachmittag als Gutachterin der Linksfraktion in einer Anhörung des Bundestagsrechtsausschusses aufgetreten ist.
Die von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfe über die neu zu schaffenden Strafrechtsparagraphen 89a, 89b und 91 sollen sogenannte Vorbereitungshandlungen für noch nicht weiter konkret geplante Anschläge mit bis zu zehn Jahren Haft belegen. Strafbar wäre bereits die Kontaktaufnahme zu einer als terroristisch eingestuften Organisation mit dem Ziel einer Guerillaausbildung in einem sogenannten Terrorcamp. Schon das Beschaffen oder Zugänglichmachen von Schriften, die zur Anleitung einer schweren Straftat geeignet sein können, wird unter Strafe gestellt. Ob es sich beim Herunterladen einer Bombenbauanleitung aus dem Internet um wissenschaftliches Interesse oder die Vorbereitung eines Anschlags handelt und ob die Teilnahme an einem Flugkurs als Hobby oder mit Anschlagsabsicht erfolgt, soll allein aus der Gesinnung einer Person abgeleitet werden.
Verfassungsschutzmitarbeiter Klaus Michael Rogner vertrat die Ansicht, daß ein »militant islamistischer Hintergrund« eines Beschuldigten ausreiche, um ihm eine Anschlagsabsicht statt bloßer Abenteuerlust beim Besuch eines Ausbildungslagers zu unterstellen. Gierhake sieht hier eine Abkehr vom bisherigen Tatprinzip im deutschen Strafecht. Tätergesinnung und Täterpersönlichkeit statt der Unrechtsgehalt einer weder begangenen noch versuchten und noch nicht einmal konkret geplanten Tat sollen nun Grund für eine Bestrafung sein. »Die Vorbereitung der Vorbereitung wird bestraft.« Es sei rechtsstaatlich unhaltbar, einfach neue Straftatbestände zu schaffen, um auf diese Weise die Strafverfolgungsbehörden mit Sondervollmachten für die Gefahrenabwehr auszurüsten, so Gierhake. Auch der Strafrechtsausschuß der Bundesrechtsanwaltskammer lehnt die Gesetzesentwürfe »aus grundsätzlichen Erwägungen« ab und befürchtet eine inakzeptable Gefährdung der Meinungsfreiheit durch die Gesetze.
Auf eine völkerrechtlich nicht legitime Ausdehnung des Geltungsbereiches des deutschen Staatsrechts wies Rechtswissenschaftler Florian Jeßberger von der Berliner Humboldt-Universität hin. So sollen sich die Gesetze auch auf im Ausland vorbereitete Taten beziehen, die den Bestand oder die Sicherheit eines »Staates oder einer internationalen Organisation« beeinträchtigen.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, ließ keinen Zweifel daran, daß sich die Gesetze keineswegs nur gegen Islamisten richten sollen. Von in Deutschland lebenden Kurden an die Arbeiterpartei Kurdistans PKK gegebene Spenden könnten aus seiner Sicht als Vorbereitung einer terroristischen Straftat verfolgt werden. Denn diese Gelder dienten auch für den Unterhalt der Guerilla.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung »erscheint in Anbetracht der damit verfolgten Ziele insgesamt verfassungsgemäß und rechtlich zulässig«, meinte Bundesrichter Jürgen-Peter Graf. Der Zweck des Staatsschutzes heiligt für ihn offenbar selbst das Mittel des Feindstrafrechts. Da die Bundesregierung das auch so sieht, werden die Gesetze dem Bundestag in den kommenden Wochen zur Abstimmung vorgelegt.