Die Regierungsparteien haben monatelang versucht, den Untersuchungsausschuß zu verhindern. Erst wurde so getan, als gäbe es nichts aufzuklären. CIA-Flüge? Deutsche Beamte in Folterknästen? Unterstützung des US-Krieges gegen Irak? Ohne die Recherchen kritischer Journalisten würde sich das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) heute noch ausschließlich im geheimen mit den rechtswidrigen Vorgängen beschäftigen. Dann aber wurde Aufklärung versprochen. Wochenlang kreißte die Bundesregierung, heraus kam ein 99seitiges und dennoch dünnes Papier. Kaum war das veröffentlicht, kam schon der nächste Paukenschlag: Die Stationierung eines BND-Verbindungsoffiziers im US-Hauptquartier während des Irak-Krieges wurde bekannt. Genauso lautstark wie scheinheilig hatte die Schröder-Fischer-Gang diesen Krieg abgelehnt und sich damit den Wahlsieg erschlichen. Hintenherum hat sie ihn nach Kräften unterstützt.
Die erste Runde haben die Regierungsparteien nun verloren. In der zweiten werden sie alles daransetzen, die Aufklärung zu behindern. Schon jetzt ist die Rede davon, daß der Untersuchungsausschuß bis zu zwei Jahre lang tagen soll. So droht er zum Verschleppungsausschuß zu werden, in dem Union und SPD ihre Zweidrittelmehrheit benutzen, um die Oppositionsfraktionen auszubremsen.
Dabei werden sie auch weiterhin versuchen, Widersprüche innerhalb der Opposition auszunutzen. Bei den Grünen ist schon jetzt abzusehen, daß sie jegliche Kritik an ihrer früheren Regierungstätigkeit vermeiden wollen. Das ganze Ausmaß, in dem ihre Minister und Abgeordneten an den Rechtsbrüchen der Geheimdienste und an den Liebesdiensten für die US-Aggressoren beteiligt waren – das möchten die Grünen am liebsten gar nicht ansprechen. Lieber ist ihnen eine Sicht der Dinge, die sich auf ein paar wildgewordene Geheimdienstler beschränkt, die sich ihrer Kontrolle entzogen haben.
Das Problem der fehlenden Überprüfung betrifft aber nicht zwei, drei Agenten, sondern die Geheimdienstarbeit schlechthin. Demokratisch gewählten Abgeordneten wird jegliche Kontrolle der Geheimdienste verweigert. Selbst das eigens dafür zuständige PKGr erhält auf Nachfrage ein paar Akten, hat aber keine effektiven Kontrollmöglichkeiten, seine Mitglieder sind bei Strafandrohung zum Schweigen verpflichtet. Unter solchen Umständen gedeihen Rechtsbrüche wie Schimmelpilze unter der Käseglocke. Hier tut eine radikale Lösung not: Käseglocke lüften, Geheimdienste in die Biotonne!
Aus: junge welt vom 07. März 2006