Ihre Situation in Griechenland ist unerträglich. Dennoch hat die Bundesregierung allein im ersten Halbjahr 2009 bislang 168 Asylbewerber in den südeuropäischen Staat zurückgeschickt, insgesamt hatte Griechenland 487 Überstellungen zugestimmt. 2008 waren es insgesamt 532 Flüchtlinge. In diesem Jahr haben die deutschen Behörden bereits 1567 Ersuchen zur Zurückschiebung an Griechenland gestellt. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag an die Bundesregierung hervor.
Grundlage dieses Verfahrens ist die sogenannte Dublin-Regelung. Demnach müssen Asylverfahren grundsätzlich in dem Land stattfinden, in das der Betroffene zuerst eingereist ist. Das sind normalerweise Staaten an der Außengrenze der EU, also Spanien, Italien oder eben Griechenland. Doch es gibt Ausnahmemöglichkeiten. Die Bundesregierung kann den »Selbsteintritt« erklären und Asylverfahren für Bewerber, die sich schon in Deutschland befinden, hier durchführen, anstatt die Schutzsuchenden in den nach »Dublin II« zuständigen Staat abzuschieben. In immerhin 497 Fällen hat die Bundesregierung den »Selbsteintritt« erklärt. Das zeigt, daß auch die Bundesregierung indirekt die unhaltbaren Zustände bei den Asylverfahren in Griechenland anerkennt, wo Bewerber oft nicht einmal die Chance haben, in ein rechtsstaatliches Anerkennungsverfahren zu gelangen. Die Koalition scheut aber die Konsequenz, einen allgemeinen Abschiebestopp zu erlassen.
Den Migranten bleibt nur der Weg zu den Gerichten. Im Asylverfahrensgesetz ist jedoch ein Sonderrecht geschaffen worden, das die Flüchtlinge benachteiligt. Denn eine Klage gegen eine Dublin-II-Überstellung hat keine aufschiebende Wirkung. Mitte September hatte das Bundesverfassungsgericht sich über diese Regelung hinweggesetzt. Die Karlsruher Richter hatten seinerzeit in einem Fall eine einstweilige Anordnung erlassen, daß die Überstellung eines Asylbewerbers nach Griechenland vorläufig nicht vollzogen werden darf. Wegen der schwerwiegenden Folgen einer Rücküberstellung müsse erst einmal die Hauptsacheentscheidung des Gerichts abgewartet werden, hieß es zur Begründung. Das Gericht muß dabei prüfen, ob der Kläger in Griechenland ein faires Asylverfahren erwarten kann. Möglicherweise könnte das Karlruher Urteil die gesamte Drittstaatenregelung und damit einen wesentlichen Pfeiler des »Asylkompromisses« von 1993 zum Einsturz bringen.
Die Bundesregierung gab in ihrer Antwort auf die Anfrage der Linken zu, daß es bereits 27 Urteile von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten gibt, in denen die Überstellung nach Griechenland abgelehnt worden ist. Sie schreibt jedoch auch, daß sie nicht generell von Überstellungen nach Griechenland absehen wird. Dabei hat mittlerweile selbst das bayerische Innenministerium die Ausländerbehörden angewiesen, keine Überstellungen nach Griechenland mehr durchzuführen.