In Bremen gibt es zunehmend Kritik an den sogenannten DNA-Duschen. Rechtsanwalt Rolf Gössner, parteiloser Innendeputierter der Fraktion Die Linke in der Bremischen Bürgerschaft, verlangte dringend eine rechtliche Klärung vor einem weiteren Einsatz dieser Anlagen, die bislang nur in Bremen verwendet werden. Das Projekt wurde Mitte Oktober 2009 probeweise in der Bremer Südervorstadt begonnen mit dem Ziel, Eigentumsdelikte zu verhindern. Wohnungsinhaber markierten wertvolle Gegenstände in ihren Wohnungen mit einer unsichtbaren DNA-Flüssigkeit. Dasselbe geschah an allen Bremer und Bremerhavener Schulen. Im Falle eines Diebstahls soll die Polizei die Gegenstände später mit einer Speziallampe als Hehlerware erkennen und dem Besitzer zurückgeben können.
Darüber hinaus wurden auch zwei »Duschen« mit der Marker-Flüssigkeit am Ausgang von Bremer Tankstellen aufgestellt. Banken und weitere Geschäfte sollen folgen. Bei Alarm wird die verdächtige Person mit der unsichtbaren Flüssigkeit besprüht. Die Markierung hält sich wochenlang auf der Haut oder an der Kleidung. Mit der DNA-Analyse könnte dann bewiesen werden, daß die betreffende Person sich an einer bestimmten Tankstelle aufgehalten hat. Das Landeskriminalamt befürwortet diese Methode auch für Banken, Drogerien und Verbrauchermärkte.
Dagegen machte die Bremer Datenschutzbeauftragte Imke Sommer »erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken« geltend. Nach einem Gespräch Sommers Mitte Januar mit dem Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), dem Staatsrat für Justiz und Verfassung, Matthias Stauch, der Generalstaatsanwältin Kirsten Graalmann-Scheerer sowie dem Polizeipräsidenten Holger Münch kam es aber zu einer gemeinsamen Erklärung, wonach sich alle Beteiligten einig seien, daß die Markierung von Gegenständen mit der künstlichen DNA-Flüssigkeit ein zulässiges Mittel zur Bekämpfung der Eigentumskriminalität sei. Der Einsatz der DNA-Sprühanlagen bei privaten Einrichtungen solle aber künftig »unter der Schirmherrschaft« und »beratenden Begleitung« der Polizei stattfinden.
Rolf Gössner betonte dagegen: »Mit dem Betrieb von DNA-Sprühanlagen durch privat-kommerzielle Unternehmen wird juristisches Neuland betreten. Angesichts der unklaren Situation bedarf es dringend einer rechtlichen Klärung, und zwar, bevor solche Anlagen weiter in Betrieb genommen werden.« Die Innenbehörde übersehe offenbar, daß es sich beim Besprühen von verdächtigen Personen mit »künstlicher DNA« um einen Eingriff in Grundrechtspositionen handelt, weshalb sie anscheinend ohne Rechtsgrundlage auskommen wolle.
Gössner hält den Markierungsvorgang für eine strafprozessuale Maßnahme, da es darum gehe, Verdächtige zu überführen. Hierfür bedürfe es eindeutig »einer tragfähigen Rechtsgrundlage«. Daß die privaten Betreiber von DNA-Sprühvorrichtungen unter »Schirmherrschaft« der Polizei agieren und einer polizeilichen Unbedenklichkeitsbescheinigung bedürfen sollen, hält Gössner für ungenügend. »Mit dieser Konstruktion von ›DNA-Duschen‹ unterm Polizeischirm werden die privaten Betreiber zu staatlich lizenzierten Kooperationspartnern der Polizei auf dem Gebiet der Strafverfolgung gekürt. Damit will sich die Innenbehörde offenbar über die zweifelhafte Rechtslage hinwegretten.«