Die Ankunft des Jumbo-Jets der Air Berlin wurde von großen Hubschraubern der KFOR begleitet, die bereits vor der Landung die Piste aus der Luft und am Boden sicherten. Am Display der Ankunftstafel stand absolut nichts über die Landung. Presse war nicht zugegen, dafür aber eine stattliche Reihe von Staats-, Botschafts- und Sicherheitsvertretern aus vielen europäischen Ländern. Die Menschen wurden von Polizisten abgeschirmt, in Wagen verfrachtet und irgendwohin gebracht.« Mit diesen Worten schilderte eine Mitarbeiterin der Berliner Forschungsstelle Flucht und Migration gegenüber junge Welt, wie 21 Roma und andere Minderheitenangehörige aus Deutschland kommend am Dienstag in Pristina empfangen wurden. Von den Abgeschobenen waren einige am frühen Morgen von der Polizei aus dem Bett geholt und manche noch im Pyjama abgeführt worden. Darunter eine Familie aus dem Münsterland, die seit 21 Jahren in Deutschland lebte.
Planmäßig sollten an diesem Tag sogar 190 Menschen von Düsseldorf aus in den Kosovo verfrachtet werden. Einige von ihnen konnten in letzter Minute einen gerichtlichen Abschiebestopp erreichen. Viele tauchten unter, einige fanden Kirchenasyl. In den kommenden Jahren sollen mehrere tausend Roma und andere Minderheitenangehörige in den Kosovo verbracht werden. Der Innenausschuß des Bundestages wird am Montag eine Anhörung zu Anträgen der Linken und der Grünen durchführen, die einen Abschiebestopp fordern.
Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 541 Menschen aus Deutschland in den Kosovo gebracht. In den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es bereits 263 Abschiebungen. Die beteiligten Fluggesellschaften aus Ost- und Südosteuropa haben gut verdient: Für 20 Flüge kassierten sie 652000 Euro. Bei den beiden zentralen Koordinierungsstellen für die Maßnahmen, dem Regierungspräsidium Karlsruhe und der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld, sind im gleichen Zeitraum schon 918 »Abschiebungsaufträge« der kommunalen Behörden eingelaufen.
Um Akzeptanz für die Abschiebungen zu schaffen, haben Bundesregierung und einige Bundesländer Hilfsprogramme aufgelegt. Diese sehen Miet- und Lohnkostenzuschüsse sowie Beratungs- und Betreuungsangebote vor. Das ist kaum mehr als ein Alibi: Es gibt keine Arbeitsplätze im Kosovo, zu wenig Wohnraum, die in Deutschland geborenen Kinder sprechen weder albanisch noch serbisch. Viele der Betroffenen sind von ihrer Flucht und Vertreibung aus dem Kosovo noch traumatisiert. Im Kosovo erwartet sie nun erneut rassistische Verfolgung. Chancen, auch nur für Besuche bei ihren Verwandten und Freunden nach Deutschland zurückzukehren, haben sie kaum: Sie müßten erst einmal mehrere tausend Euro an den deutschen Staat bezahlen – die Abschiebekosten, inklusive der Kosten für den Polizeieinsatz.
Bei der Anhörung im Innenausschuß werden diese Schicksale für einige der geladenen Sachverständigen keine Rolle spielen. Die rassistische Diskriminierung, der Roma im Kosovo ausgesetzt sind, wird von den deutschen Abschiebebürokraten ausgeblendet.