„Mehr als Symbolpolitik und Populismus steckt nicht hinter der Verschärfung des Widerstandsparagraphen. Die Regierung erweckt zu Unrecht den Eindruck, jede Widerstandshandlung sei bereits eine Gewalttat. Dabei kann schon passive Resistenz etwa gegen Festnahmen als Widerstand verfolgt werden – man denke an Sitzblockaden gegen Naziaufmärsche oder den Castor-Transport. Hier von Gewalt zu sprechen, ist absoluter Unsinn.
Hinzu kommt: Wenn im Rahmen einer Widerstandshandlung tatsächlich ein Polizeibeamter verletzt wird, erwartet den Angeklagten eine Verurteilung wegen Körperverletzung. Und bei schwerer Körperverletzung beträgt die Mindeststrafe sowieso schon drei Jahre. Auch die von der Unionsfraktion gerne angeführte Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen liefert keine Rechtfertigung für die Gesetzesverschärfung. Die Studie verzeichnet für das Jahr 2009 vielmehr einen Rückgang der Widerstandsdelikte.
Es gibt also keinen vernünftigen Grund für den Kabinettsbeschluss. Mit dem Widerstandsparagraphen ist der – fraglos gestiegenen – Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft nicht beizukommen. Die Sicherheit von Polizeibeamten wird nicht um ein Jota verbessert. Das ist auch dem Bundesjustizministerium bewusst, das noch im Mai erklärt hat, es gebe keinen Anlass, den Strafrahmen zu erhöhen. Später hat mir das Ministerium auf eine Schriftliche Frage hin mitgeteilt, die Erhöhung der Strafdrohung ‚erscheint vertretbar, um die Bedeutung zum Ausdruck zu bringen, die der Gesetzgeber dem Schutz staatlicher Vollstreckungshandlungen beimisst’. Wie gesagt: Reine Symbolpolitik. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich von den Scharfmachern in der Regierung über den Tisch ziehen lassen.“