Rede zu TOP 24 der 68. Sitzung des 17. Deutschen Bundestages – Anträge der Fraktionen der LINKE, der Grünen und der SPD zur Rücknahme des Vorbehalts und gesetzgeberischem Handlungsbedarf
Wir debattieren heute im Bundestag ein weiteres Mal über das wichtige Thema der Rechte von Kindern, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind. Die Bundesrepublik hat nach langer Debatte endlich einen Vorbehalt zur UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen, der ihr zusichern sollte, dass sie ausländische Kinder schlechter behandeln kann als inländische. Dieser Schritt ist zu begrüßen, aber er geht ins Leere, wenn daraus keine Konsequenzen gezogen werden. In den vorliegenden Anträgen der Oppositionsfraktionen ist dargelegt, was alles zu tun wäre: Heraufsetzung der Verfahrensmündigkeit von minderjährigen Flüchtlingen von 16 auf 18 Jahre, Ausbau und Verbesserung der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge durch die Jugendfürsorge, ihre Herausnahme aus dem Flughafenverfahren, keine Abschiebehaft für Minderjährige, keine Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Sammelunterkünften für Asylsuchende und Flüchtlinge. Unbegleitete Kinder und Jugendliche, deren Eltern nicht ausfindig gemacht werden können, sollen genauso behandelt werden wie elternlose deutsche Kinder. Eine Diskriminierung aufgrund der Herkunft darf es nicht geben, wenn die Konvention richtig umgesetzt werden soll.
Nun erdreistet sich diese Bundesregierung zu behaupten, es gebe nach der Rücknahme des Vorbehalts keinerlei Änderungsbedarf im Asyl- und Aufenthaltsrecht, das deutsche Recht habe schon immer den Anforderungen der Kinderrechtskonvention in diesem Bereich entsprochen. Die Staatenberichte des Kinderrechtskomitees der Vereinten Nationen strafen diese Behauptung immer wieder Lügen. Auch Pro Asyl, der Deutsche Caritasverband, die Nationale Koalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland,das Deutsche Rote Kreuz und natürlich der Bundesverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge haben sich eindeutig geäußert. Alle fordern unisono die von mir nur angedeuteten asyl- und aufenthaltsrechtlichen und weitere Änderungen. Alle zeigen regelmäßig auf, dass die deutsche Rechtslage in diesem Bereich zentrale Normen der Konvention verletzt.
Ich will noch darauf hinweisen, dass in der gestrigen Anhörung des Innenausschusses zum Thema Bleiberecht der Leiter der Stabsstelle des Integrationsbeauftragten von Baden-Württemberg, ein FDP-geführtes Haus, als Sachverständiger ausdrücklich darauf hinwies, dass dem Kindeswohl im Aufenthaltsrecht nicht ausreichend Rechnung getragen werde und hieraus ein gesetzlicher Änderungsbedarf erwachse. Er forderte unter anderem die Abschaffung der asylrechtlichen Verfahrensmündigkeit bereits ab 16 Jahren und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an geduldete unbegleitet minderjährige Flüchtlinge nach 18-monatigem Aufenthalt. Ich bin gespannt, ob Herr Storr die FDP-Bundesjustizministerin wird überzeugen können, denn diese erklärte bislang entweder wider besseres Wissens oder aber in Unkenntnis der Konvention, dass auf Bundesebene diesbezüglich keinerlei Gesetzesänderungsbedarf bestünde. Sie konnte da auch von ihrer Fraktionskollegin Laurischk nicht überzeugt werden, die hier im vergangenen November ebenfalls klar für Gesetzesänderungen im Sinne der Kinder Stellung bezogen hat.
Sie sehen also, dass wir hier keine Minderheitsposition vertreten, sondern eine breite gesellschaftliche Zustimmung für die umfassende Verwirklichung der Rechte aller Kinder und Jugendlichen herrscht. Ich appelliere vor allem an die Unionsfraktion, ihre verbohrte ideologische Haltung aufzugeben und ihren Beitrag für die vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention zu leisten, indem Sie den vorliegenden Anträgen zustimmt.