In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion gibt die Bundesregierung allerdings zu, daß die schon vor zwei Jahren aufgenommenen Gespräche über ein Rahmenabkommen, das das Zurückschicken von Flüchtlingen aus der EU in den Mittelmeeranrainer regeln soll, kompliziert verlaufen: »Das Migrationskapitel bereitet dabei nach wie vor Probleme. Die Verhandlungen sind auch deshalb schwierig, weil Libyen die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat.«
Dennoch wird die Zusammenarbeit schrittweise ausgebaut. Der nordafrikanische Staat gilt als Transitland, das Flüchtlinge aus dem südlichen Teil des Kontinents auf ihrem Weg nach Europa durchqueren. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat im vorigen Monat ein Abkommen mit der libyschen Regierung unterzeichnet, das verstärkte Zusammenarbeit »zu Grenzen, Mobilität, Migration und Asyl« vorsieht. 50 Millionen Euro sollen in den nächsten drei Jahren nach Tripolis fließen.
Die EU-»Grenzschutzagentur« Frontex sitzt in den Startlöchern. Wenn das Rahmenabkommen erst einmal unterzeichnet ist, wollen die Grenzschützer einen eigenen Vertrag schließen und Beamte nach Libyen schicken. Geplant ist eine Zusammenarbeit beim Informationsaustausch, bei der Beobachtung von Migrationsrouten, der Ausbildung von Grenzschutzbeamten. Und selbstverständlich soll es eine »operative Zusammenarbeit bei Frontex-koordinierten Rückführungen« geben.
Das Hauptziel der EU wie auch der Bundesregierung bleibt der »Kapazitätsaufbau im Aufgabenbereich des libyschen Grenzmanagements«, mit anderen Worten: Die libysche Polizei soll den Europäern die schmutzige Arbeit der Flüchtlingsabwehr abnehmen und erhält dafür Gelder, Schulungen und, zumindest von einzelnen EU-Staaten wie Italien, auch Waffen. Die reale Situation der Flüchtlinge wird dafür beschönigt. Zwar räumt die Bundesregierung ein, »daß die Lebensbedingungen in den Aufnahmelagern in Libyen sehr schlecht sind«. Doch selbst das ist schlicht gelogen: Es gibt keine Aufnahmelager. Flüchtlinge werden in Gefängnissen oder Kasernen interniert. Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und Human Rights Watch berichten immer wieder, daß die Eingesperrten getötet, gefoltert oder vergewaltigt würden. Dazu, so die Bundesregierung, habe sie keine »eigenen Erkenntnisse«.