Ursprünglich hatte der griechische Heimatschutzminister Papoutsis den Bau eines Zauns über die kompletten 200 Grenzkilometer angekündigt. Der Rest der Grenze läuft entlang des Flusses, der so eine natürliche Barriere bildet. Die Reduzierung auf jenen »neuralgischen Punkt« zwischen den Grenzorten Orestidia und Eridine ist also bloß ein rhetorisches Zugeständnis.
Der Rechtsexperte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International Wolfgang Grenz betonte daher zu Recht, die Europäische Union schotte sich als »Insel der Reichen« gegenüber Menschen ab, die vor Verfolgung oder krasser Armut fliehen. Europa stelle sich damit selbst »ein Armutszeugnis« aus. Der Plan verstoße gegen menschenrechtliche Prinzipien. Auch aus Griechenland selbst war Kritik an den Plänen laut geworden.
Seit Jahren bietet Griechenland den Schutzsuchenden kein angemessenes, internationalen Standards entsprechendes Asylverfahren. Lediglich ein Prozent der Schutzsuchenden werden anerkannt. Die deutsche Hilfe für das griechische Asylsystem beschränkt sich auf Schulung und Information für griechische Behördenmitarbeiter.
Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat die Bundesregierung mit Berichten des Anti-Folter-Komitees des Europarates, des UN-Sondergesandten zur Überwachung der Konvention gegen Folter, erniedrigende Behandlung und Strafe sowie von Pro Asyl konfrontiert. Die Regierung weigert sich, dazu inhaltlich Stellung zu nehmen.
Mehr Unterstützung bekommt Griechenland für seine Abschottungsmaßnahmen. Die EU-Kommission hat zunächst nur zurückhaltend auf die Ankündigung von Papoutsis reagiert – wohl, weil sie eine Belastung im Verhältnis zur Türkei befürchtet. Unzweifelhaft ist, dass Griechenland für den Ausbau seiner Grenzkontrollen umfassende finanzielle Unterstützung aus dem finanziellen Rahmenprogramm »Solidarität und Steuerung der Migrationsströme« erhält, allein 46,6 Millionen Euro im Jahr 2010.
Mit diesem Programm werden in erster Linie Maßnahmen gefördert, die einem verbesserten »Grenzmanagement« – sprich einer effizienteren Abschottung – dienen. Weitere Unterstützung leistet die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX, die mit 200 Mann in der Region um Orestidia aktiv ist – darunter 40 deutsche Polizisten nebst Einsatzmaterial und Fahrzeugen. Auch deren Kritik am Vorgehen der griechischen Kollegen wird von der Bundesregierung nicht weiter kommentiert.
Flüchtlinge werden durch diese Abschottungsmaßnahmen immer wieder gezwungen, neue Routen in Richtung Europa zu wählen. Mittelmeer und Atlantik, einst tödliche Endstationen für tausende Flüchtlinge pro Jahr, sind mittlerweile zu effizient überwacht, um noch die Überfahrt zu wagen. Deshalb hat sich die Migration weitgehend auf die Landroute über die Türkei verlagert. Wenn die griechische Regierung einen Zaun baut, werden die Migranten einen neuen Weg suchen. Wie hoch der Blutzoll dann sein wird, ist noch nicht absehbar.