Die Standortreform ist der letzte Baustein der Umstrukturierung der Bundeswehr. Das Motto wird in einer gestern veröffentlichten Broschüre der Bundeswehr so formuliert: »Stäbe werden gestrafft, Truppe wird gestärkt.« Es gehe darum, die Armee trotz der Reduzierung auf im Kern 170000 Zeit- und Berufssoldaten »im gesamten Aufgabenspektrum wirkungsvoll einsetzbar« zu machen. Dazu werden ausdrücklich »stabilisierende Einsätze, Einsätze in bewaffneten Konflikten bis hin zu Kampfeinsätzen hoher Intensität« gezählt. Für die Personalwerbung soll künftig ein Verbund von 110 ständig besetzten »Karriereberatungsbüros« sowie bis zu 200 mobilen Teams eingerichtet werden.
In den ostdeutschen Bundesländern fallen nur fünf Standorte weg, sie sind damit weit weniger betroffen als der Westen. Schleswig-Holstein verliert gleich acht, weitere werden zum Teil erheblich reduziert, so daß von 26000 Dienstposten nur 15300 übrigbleiben. Bayern wird von 20000 seiner bisherigen 50700 Soldaten entlastet. Die meisten Militärangehörigen gibt es künftig in Niedersachsen, wo 40800 Soldaten stationiert sein werden. Auch in Zukunft wird es kein militärfreies Bundesland geben.
Zur Reform gehört auch eine Neuordnung der Führungsstruktur der Teilstreitkräfte: Das Flottenkommando wird in Rostock neu geschaffen, das Heereskommando in Strausberg, das Luftwaffenkommando in Berlin, das Kommando des Sanitätsdienstes in Koblenz und das Kommando der Streitkräftebasis in Bonn. Dort bleibt der Sitz des Verteidigungsministeriums erhalten, wird aber weiter reduziert. 460 Dienstposten der Flugbereitschaft werden in Schönefeld angesiedelt.
Da die Bundeswehr in vielen der betroffenen Kommunen ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor ist, werden Rufe nach finanziellen Kompensationen laut. Der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte in der Passauer Neuen Presse, Bund und Länder hätten »Verantwortung dafür zu tragen, daß an den Standorten jetzt nicht das Licht ausgeht.« Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) forderte dafür eine dreistellige Millionensumme. Der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Paul Schäfer, warf der Regierung vor, sie habe es »versäumt, dem Stationierungskonzept ein Konversionsprogramm zur Seite zu stellen, mit dem der Umbau der Bundeswehr sozialverträglich zu gestalten gewesen wäre und das Perspektiven zur nachhaltigen wirtschaftlichen und ökologischen Weiterentwicklung von Kommunen geöffnet hätte«. De Maizière räumte ein, daß die Reform zwar im Einzelfall »bitter« sein könne, Bundeshilfen lehnte er jedoch entschieden ab: »Ich habe keine Mittel dafür«, sagte er gestern Nachmittag auf einer Pressekonferenz.
Der Deutsche Bundeswehrverband will insbesondere Härten für Familien der Soldaten abgefedert wissen. Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit sollen in den Kasernen Hilfsangebote für Bundeswehrbedienstete unterbreiten, die entlassen werden.